Sunday, 16 December 2012

014 | SPEISEKARTE EINES GROSSEN JAEGERS

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FORSCHUNG 

Speisekarte eines großen Jägers 

Text und Fotos von Stefan Rust 2012 

(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to Stefan Rust) 

Ein hoher Weißdornakazienbaum am Ufer des Trockenflusses – das war mein Ziel. Ein Nest in der Krone hatte meine Aufmerksamkeit geweckt und ich wollte erkunden wer der Inhaber des Nestes ist. Beim Näher gelangen flog eine Eule aus dem Baum und ließ sich auf dem benachbarten Baum nieder und konnte als Milchuhu (Verreaux’s Eagle/Aquila verreauxii) identifiziert werden. Weiße Kotspritzer und Gewölle unter diesem Baum ließen auf eine längerfristige Anwesenheit schließen. Die Analyse der walnussgroßen Speiballen erbrachte neben Käferresten erstaunlich viele Haar- und Knochenreste. Nach genauerer Untersuchung entdeckte ich zu meinem Erstaunen in dem Nachbarbaum einen scheinbar schon flugfähigen Jungvogel des Milchuhus. 

Onjala Lodge mit einzelnen am Ufer des sich durch das große Wildschutzgebiet schlängelnden Trockenflussbettes wachsenden hohen Bäumen, einer spärlichen Grasvegetation auf sandigem Vorplatz, das ideale Jagdrevier des Milchuhus. An meine Beuterestesammelaktion unter beiden Bäumen gewöhnten sich beide Vögel nach anfänglicher Scheu erstaunlich rasch. Sogar der geflohene Altvogel flog zurück auf seinen angestammten Platz.
Laut den Beuteresten bietet die Natur hier einen reichhaltigen Speiseplan. Nager scheinen in dieser trockenen Vegetation keine Mangelware zu sein und dienen wahrscheinlich als Hauptnahrung. Dem Alter und der Verschiedenheit der Beutereste nach zu urteilen scheint der weibliche Uhu seine Jagdbeute immer in diese Bäume gebracht zu haben um sie an dieser ruhigen Stelle an den Nachwuchs zu verfüttern. Ist der Nachwuchs hungrig und größere Beute rar, verschmäht der große Uhu auch wirbellose Tiere sowie größere Motten nicht.
Der Jungvogel scheint unersättlich. Wenn er flügge ist, wird das Junge oft auch tagsüber gefüttert. Ganz frische Fleischreste eines Perlhuhns beweisen dies. Anhand Federn unterschiedlicher Vogelarten erweist sich der Uhu als schneidiger Vogeljäger. Als bisher nicht bekannt gehören auch Bandiltisse (Striped Polecat/Ictonyx striatus), größere Eidechsen und Straußenküken zu seiner Nahrung. Letzteres ergibt sich aus gefundenen Straußeneischalen. Ein Straußenei zu transportieren und zu knacken ist er mit aller Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, aber ein frisch geschlüpftes Küken an dessen feuchten Federflaum noch Eischalen haften schon eher.
Ja, der Uhu verschmäht sogar vegetarisches Futter nicht. Überall lagen und hingen vertrocknete und frisch ab- und angeknabberte Triebe des „Wohnbaums“.
Ein großer 21cm langer Schulterknochen eines dementsprechend großen Säugetieres befand sich unter den Beuteresten. Obwohl diese Beute bestimmt schwerer als der Jäger selbst war, hat er sie in seinen tödlichen Fängen in den „Futterbaum“ getragen. 

Nach einer Stunde Sammeln, verlasse ich die Eulen. Für den jungen Uhu und seiner Mutter war das sicherlich eine Erleichterung; für mich, den interessierten Hobbyornithologen, bot diese Stunde ein aufregendes Erlebnis. Meine Beute: Wahrhaft interessante Neuentdeckungen auf dem Speiseplan des mächtigen Milchuhus.

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