Sunday, 16 December 2012

009 | WERKZEUGGEBRAUCH UNTER VÖGELN

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ÄUSSERST SELTENER WERKZEUGGEBRAUCH UNTER VÖGELN IN NAMIBIA UND BOTSWANA 

Die Käferschmiede zweier Vogelarten 

Text und Fotos von Stefan Rust 2012 

Weltweit sind nur wenige Fälle bekannt, in denen Vögel zum Nahrungserwerb ein Werkzeug benutzten. Als Paradebeispiel gilt der Darwin-Spechtfink auf Galapagos. Er nutzt Dornen oder Zweige als Hilfsmittel Insekten aus ihren Bohrgängen in Bäumen herauszuziehen. 

Es ist jedoch nicht nötig die Galapagosinseln zu bereisen, ein Werkzeug benutzendes Tier zu beobachten.
Eine Beobachtung im Chobe Nationalpark während einer von mir geführten Reise im Juli dieses Jahres versetzte mich in Staunen.
Meine Aufmerksamkeit galt einer in einer Weißdornakazie sitzenden Afrikanischen Weißgesichtsohreule. Diese etwas länger zu beobachten wählte ich einen geeigneten Posten unweit des Baumes etwas versteckt hinter einem Dornenstrauch, nicht ahnend dass sich dieser bezogene Posten für eine weitere Beobachtung als äußerst geeignet erweisen würde. 

Die recht reglos dasitzende Eule durch mein Fernglas betrachtend, drang mir ein sich unregelmäßig wiederholendes Geräusch ans Ohr. In meiner Warte verharrend versuchte ich den Ursprung dieses Geräusches zu entdecken. Was ich dann sah, glaubte ich kaum zu glauben. Unweit von meinem Beobachtungsposten entdeckte ich unter dem dichten Dornengestrüpp gut versteckt, aus meiner hockenden Position glücklicherweise gut einsehbar, einen am Boden sitzenden Gelbbrustbülbül. Er war beschäftigt einen hartschaligen schwarzen Käfer zu knacken indem er ihn wiederholte Male bewusst gegen einen kleinen neben sich liegenden Stein schmetterte.
Beim genaueren Betrachten dieses Schauplatzes entdeckte ich einige Chitinpanzer, Flügel und Beinchen geknackter Käfer die konzentriert an dieser Stelle lagen. Einige schon etwas verblichene unverdauliche Körperteile zeugen von einer Nutzung dieser „Käferschmiede“ seit geraumer Zeit. Diese Stelle ähnelt einem Schlachtfeld.
Die mir an diesem Tag zur Verfügung stehende Zeit nutzte ich an diesen Ort zurückzukehren und konnte nach einer kurzen Wartezeit beobachten, wie der Vogel noch zweimal mit jeweils einem Käfer im Schnabel seine „Käferschmiede“ aufsuchte. Beide Male wandte er dieselbe Technik an, an die Weichteile der Käfer zu gelangen. 

Unter den Vögeln des Südens Namibias, einige hundert Kilometer entfernt vom Chobe Nationalpark, unweit des Namib Naukluft Parks, beherrscht der farbenprächtige Bokmakiri dieselbe hoch entwickelte Form des Werkzeuggebrauchs. Ebenso wie der Gelbbrustbülbül nutzt er so genannte Gelegenheitsschmieden in Form von am Boden liegender Steine geeigneter Größe auf denen er Käfer oder wie von mir beobachtet auf der A-little-Sossus Lodge beobachtet auch harte Brotkrumen zerschlägt um die zerkleinerten Stücke besser schlucken zu können und an die Weichteile der Käfer gelangen zu können. Dieser „A-little-Sossus Bokmakiri“ hatte eine sehr genaue Vorstellung der für das Zerkleinern der Brotkrumen passenden Größe des „Ambosses“. Bei der Wahl des Steins schien eine dementsprechende Verankerung des Steins im Boden ein zweites ausschlaggebendes Kriterium für den Vogel zu sein. 

Diese beiden beobachteten Vögel, der Gelbbrustbülbül (Yellow-bellied Bulbul / Chlorocichla flaviventris) und der Bokmakiri (Bokmakierie / Telophorus zeylonus), beweisen mit dem Gebrauch von zwei Kriterien entsprechenden Steinen als Hilfsmittel, Energie sparend an Nahrung zu gelangen, eine für Tiere hohe Form der Intelligenz.
Hätte das Schicksal Charles Darwin damals im Jahre 1831 anstatt auf die Galapagos Inseln nach Namibia in die Nähe der höchsten Sanddünen der Welt verschlagen und wäre er Zeuge des Werkzeuggebrauchs des Bokmakiri geworden, gelte Namibia heute vielleicht als der Geburtsort der Evolutionstheorie.

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