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Art. # 287
DIE TAUBE IN DER MENSCHHEITSGESCHICHTE
Felsentaube
Text und Foto von
Stefan Rust
2014
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Felsentaube
Columba livia
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Steckbrief
Namen: Columba livia (Lateinisch) / Rock Dove (Englisch) / Tuinduif
(Afrikaans)
Familie: Tauben - Columbidae
Verbreitung: Süd-Eurasien, Nord Afrika; weltweit
eingebürgert und domestiziert
Lebensraum: Felsiges Gelände, Städte
Größe: 30-35 cm
Gefieder: Einfach in Grautönen gefärbt
Stimme: Große Vielfalt an weichen Rufen und
gurrenden Lauten
Nest: Einfache Zweignester auf Baumästen, in
Höhlen oder auf dem Boden
Brutzeit: Ganzjährig
Nahrung: Sämereien. Nestlinge leben von Kropfmilch
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Seit jenem Tage
in grauer Vorzeit, an dem die Geschichte erzählt, dass Noah eine seiner Tauben
aussandte, damit sie melde, wie es mit dem Wasserstand sei, scheint die Taube
immer vom Menschen geehrt worden zu sein. Sie durfte in Tempeln nisten und in
manchen Ländern bestand ein Verbot Tauben zu töten. In der hebräischen Poesie
ist ihr Name ein Kosewort für die Braut und im Christentum des Mittelalters war
es der Ehrenname für Maria. Aufgrund der Sanftmütigkeit der Taube, glaubten
einige Menschen, sie besäße keine Galle.
Tauben spielten
auch in Inspiration und Omen eine wichtige Rolle. Die Taube wurde mit
Aphrodite, der Göttin der Schönheit, assoziiert.
Die Abbildung
einer fliegenden und im Schnabel einen Olivenzweig tragenden weiße Taube, ist
das traditionelle und weithin bekannte Symbol des Friedens und guten Willens.
Dieses Symbol findet sich auch in dem Logo der Vereinten Nationen.
Die
Domestizierung der Felsentaube (Columba livia), der Stammform der heutigen
weltweit verbreiteten Straßentauben, geht auf das Ägypten 4500 Jahre vor
unserer Zeitrechnung zurück. Ursprünglich wurde die Taube wegen ihres
schmackhaften Fleisches gezüchtet.
Auch die
bantusprachigen Mbukushu in Namibia waren schon zu Urzeiten auf den
Taubengeschmack gekommen und nutzten zum Fang von Tauben eine mit multiplen
Schlingen versehene Falle (thikonga oder kayava). Es wurde ein elastischer Zweig zu einem Kreis
gebogen und dann kreuzweise mit Sisalschnüren bespannt. Mit den offenen
Quadranten wurden feine, aus Gnuhaaren gefertigte Schlingen mit einem
gleitenden Knoten verbunden. Dieser Apparat wurde waagerecht über ausgestreute
Körner gelegt. Versuchte eine Taube die Körner aufzupicken, zog sie selbst die
Schlinge um ihren Hals oder Fuß zu.
Weltweit fanden
weitere Taubenzüchtungen statt, um ihnen bestimmte Formen, Farben,
Federstrukturen oder Funktionen aufzuzwingen.
In China haben
Konzerte mit Pfeifentauben eine lange Tradition. Die Asiaten praktizieren sie
schon seit etwa 3000 Jahren. Bei diesen Konzerten der besonderen Art, kreisen
weiße Tauben in der Luft derweil sie für die Dauer des Konzertes kleine Flöten
auf ihren Rücken tragen, meistens an den mittleren Schwanzfedern befestigt,
über deren Öffnungen der Wind im Rhythmus der Flügelschläge streicht und Melodien
erklingen lässt.
Je nach Größe,
Form und Material erzeugen die Pfeifen unterschiedliche Töne. Kleinere
Instrumente erzeugen hellere, größere dunklere Töne. Die Auswahl der Flöten ist
also über Harmonie und Klang beim Konzert ausschlaggebend.
Die Grundkörper
der Pfeifen können aus Balsaholz, Schilf- und Bambusrohr, Walnuss- und
Mandarinenschalen, aus Plastik oder sogar aus kleinen Weihnachtskugeln
bestehen.
Gewichtstechnisch
betrachtet, ist das Tragen der Flöten mit einem Gewicht zwischen zwei und zehn
Gramm, für die Taube kein Problem. Eine Brieftaube zum Beispiel, darf bis zu 45
Gramm transportieren.
Der Ursprung der
Pfeifentaubentradition liegt darin, dass Mönche Taubenpfeifen an Brieftauben
befestigten, um mittels des durch einfliegenden Botschaftertauben verursachten
Geräuschs über das Eintreffen von Botschaften informiert zu sein. Gleichzeitig
wurde der Verlust der wertvollen fliegenden Botschafter durch Greifvögel
reduziert, weil diese von den Tönen der Taubenpfeifen irritiert waren.
Ihren Ausgang als
Brief- und Sporttaube hat sie den Römern zu verdanken. Sie nutzten den stark
geprägten ortstreue Charakter der Taube, siedelten sie in Türmen und Schlägen
an, und machten sich die bemerkenswerte Fähigkeit der Taube, über Tausende von
Kilometern in ihren Schlag zurückzufinden zunutze, indem sie ihnen am Körper
befestigte Mitteilungen mitschickten. Dieser scharf geprägte Orientierungssinn
der Taube ist erstaunlich, und das obwohl die Felsentaube (die Stammform) kaum
zieht.
Die Römer
meldeten Caesars Eroberungen mit Brieftauben nach Rom, und die erste Nachricht
über Napoleons Niederlage bei Waterloo erreichte England per Brieftaube.
Das Wort Sieg und
das Gegenteil, hat immer eine wichtige Rolle gespielt in der
Kommunikationsfunktion der Taube, zum Beispiel in der Sport Arena. Während der
Olympischen Spiele der Antike wurde eine Luftflotte bestehend aus Brieftauben
zusammengestellt um die Namen der Gewinner selbst zu den entlegensten Teilen
des Landes zu tragen.
Taubenrennen als
Sport findet heute noch statt. Als das bedeutendste Taubenrennen weltweit gilt
das „Sun City Million Dollar Pigeon Race“ in Südafrika. Im Jahr 2012 wurde
dieses Rennen von dem Taubenweibchen „Rubellos“ aus dem Ruhrgebiet stammend
gewonnen. Auf einer Gesamtstrecke von 580 Kilometern konkurrierte sie gegen
fast 3 500 Mitstreitertauben. Sie flog diese Distanz in 8 Stunden, 56 Minuten
und 16 Sekunden. Der Besitzer Hans-Werner Schink kassierte für den Sieg 150 000
Euro Preisgeld.
Mitte des 12.
Jahrhunderts lieferten Tauben einen regelmäßigen Nachrichtendienst zwischen
Bagdad und großen Städten Syriens. Der Sultan gab den Bau von Taubenschlägen in
seinem Koenigreich in Auftrag und bestückte sie mit Tauben welche er zur
täglichen Nachrichtenverbreitung nutzte.
Die Nachricht der
Niederlage Napoleons bei Waterloo wurde von Nathan Rothschilds schnellen
Fliegern überbracht. Nathan Rothschild hat einen Teil seines Erfolges im
Bankwesen den schnellen Tauben als Informationsträger an der Londoner Börse zu
verdanken.
Militärtauben
wurden bis zur Zeit des koreanischen Krieges als Mittel der Kommunikation
benutzt. Sie wurden als Truppenkommunikation und zur Kommunikation belagerter
Städte mit der Außenwelt genutzt. Sehr bekannte Beispiele sind die „geflügelten
Botschafter“ die während der Belagerung von Haarlem und Leiden im 16.
Jahrhundert eingesetzt wurden. Während der Belagerung von Paris in 1870 waren
auch hunderte Tauben im Einsatz. Der Einsatz von Tauben war von solch einer
Wichtigkeit, dass die Taubenschläge der Taubenbesitzer, welche die Opposition
unterstützten, regelrecht bewacht wurden.
Auch im Ersten
Weltkrieg wurden sehr viele Brieftauben sehr häufig für militärische Zwecke
eingesetzt. Die Deutschen hatten nicht weniger als 1 Million belgische Tauben
im Einsatz. Sie wurden nicht nur mit Botschaften auf den Weg geschickt, sondern
wurden auch mit einfallsreich gebauten Kameras ausgestattet mit denen
Aufklärungsfotos der feindlichen Positionen aus der Luft gemacht werden
konnten. In Brüssel wurde zum Dank der Bemühungen der Taubenzüchter und deren
Vögel ein Denkmal errichtet und bei Lille in Frankreich steht ein Denkmal für
die etwa 20 000 Tauben die im Krieg starben.
Im 2. Weltkrieg
begleiteten Brieftauben Feldpatrouillen, Marineflotten und Unterseebote. Sogar
Fallschirmspringer nahmen ausgestattete Tauben mit um sie dann je nach Bedarf
aus Bombenfliegern abfliegen zu lassen. Dies geschah mit Hilfe einer einfachen
Papiertüte mit einem vorgesehenen Loch. Die für die Taube benötigte Zeit, sich
aus der Tüte zu befreien reichte zur Verhütung, Opfer des vom fliegenden
Flugzeug verursachten Sogs, zu werden. Manche Mitglieder dieser fliegenden
Brigade kehrten mit einem zerschossenen Bein oder einem schwer verletzten
Flügel aber mit noch intakten wertvollem Mikrofilm oder Geheimbotschaften zu
ihren mobilen Stationen zurück. Ein Beispiel hierfür ist Mary, eine englische
Taube die während ihrer 5 jährigen Dienstzeit 22-mal verletzt wurde. Für ihre
tapferen Leistungen wurde sie mit der Dickin Medaille ausgezeichnet.
Deutsche Truppen
hatten in der in Berlin stationierten SS Tauben Dienststelle etwa 50 000
Brieftauben im Dienst und etwa 600-800 für sie verantwortliche Personen.
Als am 29.
November 1942 ein mit Passagieren und wertvollem Kriegsgerät beladener
Passagierdampfer, die „Dunedin Star“, Kurs von Liverpool in Richtung Kapstadt,
etwa 16 km vor der Küste des damaligen Südwestafrikas (heute Namibia) auf
Felsen aufläuft geraten die mehr als 100 Menschen an Bord in eine
lebensbedrohliche Situation. Wegen gefährlicher Riffe um den Unfallort und der
Abgeschiedenheit dieser als Skelettküste bekannten Gegend ist eine Rettung sehr
schwierig. Ein Rettungsschiff hat als Ersatz für die nicht vorhandene weit
reichende Funkausrüstung Brieftauben an Bord. Diese mit Nachrichten
ausgestattetenTauben legen eine Distanz von 600 km über ihnen unbekanntes
Gelände mit nur ein oder zwei Wasserlöchern per Flug zurück. Etwa die Hälfte
der vom Unfallort abgeflogenen Brieftauben traf nach 10 Stunden im
nächstliegenden Hafen Walvis Bay ein und überbrachte wichtige Mitteilungen zur
weiteren Planung der Rettungsaktionen.
Ein in Kiel,
Deutschland, lebender Rentner ist seit Jahren jeden Sommer damit beschäftigt,
Wochenende Brautleute mit seinen weißen Hochzeitstauben zu beglücken. Diese
weißen Tauben kutschiert er von einem Termin zum anderen und lässt sie dann im
Verlauf des Hochzeitzeremoniells in den Himmel steigen, währenddessen er ein
rührendes Taubengedicht aufsagt. Dieses Zeremoniell lässt die Herzen der frisch
Vermählten höher schlagen und sie erhoffen sich eine glückliche Ehe, weil wie
bekannt, symbolisiert die fliegende weiße Taube Frieden und guten Willen.
Die Zerstörung
der Lebensräume ist der Hauptgrund für den Rückgang vieler Vogelarten. Manchmal
stellt auch die direkte Verfolgung durch Jäger oder Eiersammler eine starke Bedrohung
dar.
Ein typisches
Beispiel der Fähigkeit des Menschen zum rücksichtslosen Abschlachten und
Ausrotten einer Tierart ist die Geschichte der Wandertaube Ectopistes
migratorius. Einst galt sie als der häufigste Vogel der Erde und Millionen
große Schwärme zogen über Nordamerika. Es gab so viele, dass z.B. im Jahr 1878
ein einziger Händler allein 3 Millionen Vögel für die Kochtöpfe verkaufte. Dies
und ähnliche Beispiele ließen die Art innerhalb von 35 Jahren bis auf ein
einziges Exemplar aussterben. Diese letzte Wandertaube trug den Namen Martha
und starb 1914 im Zoo von Cincinnati einen einsamen Tod.
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