246
Art. # 246
DER WELTEROBERER
Helmperlhuhn
Text und Foto von
Stefan Rust
2014
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Helmperlhuhn
Numida meleagris
6 6 6
Steckbrief
Namen: Numida meleagris (Lateinisch) / Helmeted Guineafowl
(Englisch) / Gewone Tarentaal (Afrikaans)
Familie: Perlhühner - Numididae
Verbreitung: Afrika, südlich der Sahara, Marokko
Lebensraum: Offenes Grasland
Größe: 53-63 cm
Gefieder: Dunkles Gefieder wirkt wie mit weißen
Perlen bestickt. Nackter Kopf mit hornartigem Aufsatz.
Stimme: Gackerndes kek, kek, kek, kek, kaaaaaa
ka ka ka
Nest: Eine einfache, spärlich ausgepolsterte
Bodenmulde.
Brutzeit: Januar – März
Nahrung: Wurzelknollen, Beeren, Samen, Insekten
und Weichtiere
6
6 6
Perlhühner sind
eine Familie der Hühnervögel (Galliformes), vier Gattungen mit insgesamt sechs Arten
beinhaltend. Die Stammform aller Hausperlhühner ist die Form Numida
meleagris (Helmperlhuhn)
Das Helmperlhuhn Numida
meleagris gilt als der
bekannteste Vertreter der Perlhuhnfamilie. Auch ist das Helmperluhun die
einzige Art der Gattung Numida. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Perlhühner umfasst Afrika, südlich
der Sahara, ausgenommen Regenwälder und völlig vegetationslose Wüsten. Mit
einer Häufigkeit von wahrscheinlich mehr als einer Million Vögeln gilt diese
Art als nicht gefährdet. Nur die in einem kleinen Gebiet im Nordwesten Marokkos
isoliert lebende Unterart Numida meleagris sabyi ist möglicherweise ausgestorben. Es besteht
allerdings die Hoffnung, dass das N. m. sabyi noch im Mittleren Atlas zu finden ist.
Diese gesellig
lebenden Vögel können gelegentlich aus über 1 000 Tiere bestehende Völker
bilden. Angetrieben durch die benötigte riesige Futtermenge eines solch großen
Volkes, legen sie tagsüber mehrere Kilometer Wanderungen am Boden zurück.
Obwohl
Helmperlhühner sich gerne in großen Gruppen aufhalten, leben sie in der
Paarungszeit in Einehe. Mit Gelegen von 6-15 Eiern ist es nicht verwunderlich
dass das Helmperlhuhn häufig mit Fruchtbarkeit assoziiert wird.
In Ghana wurden
zu Beginn des Jahres Perlhuhn Eier in Reinigungsritualen verwendet um
Ackerkulturen und den Staat zu segnen. Beim westafrikanischen Hausa Volk war es
Brauch, Perlhuhn Eier an der Haustür eines Brautpaares als Glücksbringer zu
zerschlagen. Auch konnte eine einsame Frau ihren abwegigen Ehemann zurück
beschwören indem sie ein Perlhuhn Ei auf das Hausdach platzierte.
Perlhühner haben
eine mystische Bedeutung in den Ritualen im Norden Ghanas. Sie werden in den
traditionellen Religionen als Orakel gebraucht. Verendet das geköpfte Huhn auf
dem Bauch, bedeutet es „Ja“ auf eine Frage oder Entscheidung. Verendet es auf
dem Rücken, heißt das Orakel „Nein“.
Die
bantusprachigen Mbukushu Afrikas schrieben den Federn der Perlhühner (nkanga; Numida meleagris) und Waffenkiebitzen (kakurekure; Vanellus armatus) eine magisch- zerstörerische Kraft zu.
Fallen Federn von diesen Vögeln ins Herdfeuer, so entstehe Zwietracht zwischen
den Eheleuten. Der Ruf der beiden Vögel wurde als hochmütig und geschwätzig
bezeichnet. Jemand konnte absichtlich Federn der genannten Vögel in das
Herdfeuer eines fremden Haushaltes werfen, um die Ehe des Eigentümers zu
entzweien und so den begehrten Partner leichter für sich gewinnen zu können.
In Afrika dienten
Perlhühner schon seit Ewigkeiten als Fleischlieferanten. Das dunkle Fleisch des
domestizierten Perlhuhns gilt als Delikatesse und ist zart, saftig und erinnert
im Geschmack an Fasan. Wildlebende Perlhühner hingegen sind scheu und ihr
Fleisch ist im Gegensatz zu dem des domestizierten europäischen Tieres recht
zäh. Dies wird durch folgende Jägerlatein Geschichte bekräftigt:
Um ein scheues
Perlhuhn zu fangen legt man eine Mischung aus Maiskörnern und Pfeffer vor einen
Stein aus. Das hungrige Perlhuhn pickt gierig die Maiskörner auf wobei es wegen
des Pfeffers niesen muss und sich dabei den Kopf auf den Stein aufschlägt. Von
der Wucht des Aufpralls ist es sofort tot. Dann nehme man das gerupfte und
ausgenommene Perlhuhn und tue es in einen mit Wasser gefüllten gusseisernen
Dreifusstopf, füge einen Backstein hinzu und entfache unter dem Topf ein Feuer.
Drei Tage lang lasse man das Perlhuhn im Wasser kochen, fülle von Zeit zu Zeit
das verdampfte Wasser nach und lege nach Bedarf Holz ins Feuer. Am dritten Tag
nehme man den Topf vom Feuer, gieße das Wasser ab, hole das zähe Perlhuhn raus
und schmeiße es weg und verzehre den zarten Backstein der etwas von dem
Perlhuhngeschmack abbekommen hat.
Die
bantusprachigen Mbukushu fingen Perlhühner mit einer kleinen Ausgabe des
Schwippgalgens, als rutenda beziehungsweise kashaka bezeichnet. Sie bestand aus einem Kranz von Holzpflöcken, die etwa 10 cm
aus dem Boden ragten. Am oberen Teil der Pflöcke lag die Schlinge. Die mit dem
Spannseil verbundene, labile Auslösevorrichtung wurde durch einen kleinen
Hirse- oder Maiskolben gestützt. Bei der Berührung des Köders (oder eines
Stöckchens, an dessen Grund Nüsse oder Körner liegen) hakte ein Knebel aus, das
Spannseil schnellte hoch und zog die Schlinge um den Hals des Vogels zu.
Durch den
Menschen sind Perlhühner aus Westafrika heute in zahlreichen Regionen der Erde
heimisch geworden. Dabei handelt es sich vor allem um verwilderte
Hausperlhühner. Selbst auf den Kapverden, auf vielen karibischen Inseln, auf
der Arabischen Halbinsel und auf Madagaskar gibt es sie.
Das Perlhuhn gilt
als eine der ersten Vogelarten die domestiziert wurden und es wird vermutet
dass die Domestikation in Ägypten ihren Anfang nahm. Die Altägypter hielten
Perlhühner als Hausgeflügel mindestens 1 500 Jahre bevor sie das Mittelmeer
überquerten. Ein Deut dass das Perlhuhn von jenseits der ägyptischen Grenze kam
sind einige bemerkenswerte Perlhuhn Bilder aus pharaonischer Zeit und eine
bekannte vor etwa 1 900 Jahren vor Christus in Stein geschnitzte Hieroglyphe an
Tempelwänden an denen auch andere exotische Tiere und Pflanzen abgebildet sind.
Noch bevor das Haushuhn in Europa bekannt wurde, hielten auch die Phönizier
Perlhühner.
Die ersten
erfolgreichen Domestizierungsversuche in Europa fanden wahrscheinlich bereits
im alten Griechenland statt. Vor mehr als 4 000 Jahren wurden sie schon zu
Zeiten des Aristoteles in Griechenland gezüchtet.
Bei den Griechen
hieß das Perlhuhn ursprünglich Meleagris, abgeleitet von dem griechischen Sagenhelden
Meleagros. Heute noch lautet der wissenschaftliche Name des Helmperlhuhns Numidia
meleagris. Laut einer
griechischen Sage beteiligte sich Meleagros, ein junger heldenhafter Prinz, an
einer Jagd auf einen von der Göttin Artemis beauftragten monströsen Eber,
Kalydonien, das Königreich des Vaters von Meleagros, zu terrorisieren. Nach der
erfolgreichen Jagd kam es zu Streitigkeiten zwischen Meleagros und zwei seiner
Onkel und es führte zum Tode dieser. Auch Meleagros erlag einer Verletzung am
Oberschenkel. Seine verzweifelte Mutter, Althaia, welche ihre beiden Brüder und
eigenen Sohn verlor, richtete sich darauf selbst. Die untröstlichen Schwestern
von Meleagros, Deianira (Herkules Frau) und Gorge, wurden vorübergehend von den
Göttern in Perlhühner verwandelt und man sagt, die Punkte auf dem Gefieder sind
die aus Trauer um den verstorbenen Bruder vergossenen Tränen.
Die alten
Griechen domestizierten Perlhühner nicht nur, sondern stellten sie in ihren
Gärten und Volieren prominent zur Schau und betrachteten sie als eine
Delikatesse.
Die Römer
erlangten ihre Perlhühner von der rotlappigen Rasse Numida meleagris sabyi aus Numidien und domestizierten diese,
hielten sie als Prunkstücke in Gärten und Volieren und im Römischen Reich galt
es als eine besondere Delikatesse.
Der
wissenschaftliche Gattungsname Numididae stammt von Numidien, heute bekannt als Algier in
Marokko, da die Römer dachten das sei die Heimatregion des Perlhuhns. Schon
alleine wegen dieser Namensherkunft ist es umso bedauerlicher dass Perlhühner
in Marokko wahrscheinlich ausgestorben sind.
Die Römer
verbreiteten das Perlhuhn in ganz Europa. Mit dem Fall des Römischen Reiches
jedoch, verschwanden Perlhühner aus Nord- und Westeuropa.
Erst im 15.
Jahrhundert wurde, mit der Suche nach Gold und Sklaven entlang der Westküste
Afrikas, das Perlhuhn von europäischen Händlern wiederentdeckt. Diesmal
handelte es sich um die blaulappige Rasse Numida meleagris galeata (Helmperlhuhn).
Kurz nach der
Ankunft des Helmperlhuhns in Großbritannien im frühen 16. Jahrhundert brachten
transatlantische Seefahrer eine weitere Haustierart aus Amerika nach
Großbritannien. Beim Letzteren handelt es sich um einen Vogel der in den Gassen
von Tenochtitlan, der glitzernden Hauptstadt des prä-kolumbianischen Mexiko,
herumstolzierte, und schließlich alle anderen Hausvögel Europas, außer Huhn und
Gans, in den Schatten stellte, dem Truthahn (Pute). Aber mit dieser ersten
Ankunft in Tudor, Britannien, kam es im englischen zu einer verworrenen
Namensverwechslung. Diese Verwirrung kam folgendermaßen zustande. Der frühere
englische Name des Perlhuhns war Turkey (Türkei), möglicherweise weil dieser
Name deren exotische Herkunft (irrelevant woher) bezeichnet oder vielleicht
weil einige Perlhühner tatsächlich über die Türkei nach Großbritannien
gelangten. Da das Perlhuhn und der Truthahn so eng aufeinander folgend in
Britannien eintrafen, wurden beide Arten im englischen mit Turkey bezeichnet.
Erst mit der Zeit prägte sich die für das Perlhuhn treffendere englische
Bezeichnung Guineafowl, obwohl es ursprünglich Turkey hieß, und für den
Truthahn die Bezeichnung Turkey. Man fragt sich wie viele Engländer und
Amerikaner sich am 25. Dezember zum Thanksgiving, zum traditionellen Truthahn
Essen, über diese merkwürdige ehemalige Namensverwirrung Gedanken machen.
Es gibt noch
einen zufälligen linguistischen Zusatz zum englischen Namen Guineafowl. Die
Guinea Region von Afrika war die Quelle des Edelmetalls aus dem die in
Großbritannien benutzten goldenen Guineas gestanzt wurden, und diese Mehrfachverbände
wurden in den Begriff ‚guinea-hen’, Prostituierte, komprimiert. Diese
mundartliche Verwendung erscheint auch in Shakespears Spiel Othelo (Akt 1,
Szene 3), wo Jago, der teuflische Genie des Stücks, seinen Freund Roderigo für
dessen sklavische Bindung zu Desdemona herunterputzt: „Ere I would say I would
drown myself for the love of a guinea-hen, I would change my humanity with a
baboon.“ (Bevor ich sage dass ich mich wegen einer Liebe mit einer
Prostituierten (guinea-hen) ertränken würde, würde ich mein Menschsein mit
einem Affen tauschen.)
Die europäischen
Zuchtstämme der rotlappigen Rasse aus der Antike gingen immer mehr verloren und
der Siegeszug des Helmperlhuhns in domestizierter Form, nicht nur in Europa
sondern weltweit, war nicht mehr aufzuhalten. Die Haltung des Perlhuhns als
Nutzgeflügel begann in Frankreich bereits im 16. Jahrhundert, in
Großbritannien, Tschechien und Deutschland ab dem 18. Jahrhundert. Ab dem 18.
Jahrhundert wurde das Helmperlhuhn auch ausgesetzt und war in Ungarn und Deutschland
zeitweise sogar etabliert. Noch in den 1950er Jahren stattfindende
Auswilderungsaktionen wie beispielsweise in Baden-Württemberg waren nicht
erfolgreich. Im Zeitraum 1998 bis 2000 gab es in den Niederlanden einzelne
wildlebende Paare, jedoch ohne Brutnachweise.
Mit 50 Millionen
Perlhühnern pro Jahr gilt Frankreich heute als der weltgrößte
Perlhuhnproduzent. Als bedeutendes Erzeuger- und Exportland von Perlhühnern ist
auch Italien zu nennen.
Die deutsche
Bezeichnung beruht auf den vielen weißen Punkten die das dunkle Gefieder
schmücken. Dieses weiß gepunktete Gefieder faszinierte den Menschen schon immer
und wurde häufig als Schmuck verwendet. Noch heute sind diese schmucken Federn
nicht selten als Dekoration an insbesondere Safarihüten anzufinden.
Auch die Europäer
blieben von der Faszination der Perlhuhnfeder nicht verschont. Es führte sogar
dazu, dass der bekannte deutsche Dichter, Christian Morgenstern (1871 – 1914),
ein Gedicht über das Perlhuhn und seine Federn geschrieben hat:
Das Perlhuhn
Das Perlhuhn
zählt: eins, zwei, drei, vier...
Was zählt es
wohl, das gute Tier,
dort unter den
dunklen Erlen?
Es zählt, von
Wissensdrang gejückt,
(die es sowohl
wie uns entzückt):
die Anzahl
seiner Perlen.
Das Perlhuhn,
einst berühmt als Orakel, für seine Federn, sein Fleisch, als
Fruchtbarkeitssymbol, in der griechischen Sage von Meleager, wird heute
weltweit gern als Hausgeflügel gehalten, nicht nur des Fleisches halber,
sondern auch als Wächter und sie sind zur Plagenbekämpfung nützlich. Sie fangen
laut an zu gackern wenn Gefahr im Anzug ist und sind sogar imstande Schlangen
zu verscheuchen. Zu ihrer Hauptnahrung gehören unter anderem Käfer, Raupen,
Schnecken, Zecken und Spinnen welche den Landwirten in unkontrollierten Mengen
zum Bedrängnis werden können.
6
6 6
Wow !! I am so impressesed. I am reading it once again & very time i feel very amaze. You should also read one of mine : Parashar Lake Trek
ReplyDelete