224
Art. # 224
DER ANFÜHRER IST ZWEISPRACHIG
Augenbrauenmahali (Mahaliweber)
Text und Fotos
von Stefan Rust
2014
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
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Steckbrief
Namen: Plocepasser mahali (Lateinisch) / White-browed
Sparrow-Weaver (Englisch) / Koringvoel (Afrikaans)
Familie: Webervögel - Ploceidae
Verbreitung: Äthiopien bis Südafrika
Lebensraum: Dünn bewaldete Savannen und Halbwüsten,
auch Dörfer
Größe: 16-18 cm
Gefieder: Schwarz- braunweißes Gefieder
Stimme: Gackernde und quietschende Töne
Nest: Unsauberes, kugelförmiges Nest aus
trockenem Gras
Brutzeit: September - Mai
Nahrung: Samen, Körner, Beeren, Früchte und
Insekten
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Immer eine
Hintertür offen
Beide
Geschlechter sehen außer der Schnabelfärbung gleich aus. Bei dem Weibchen ist
der Schnabel hell hornfarben und beim Männchen hingegen dunkler gelbbräunlich
gefärbt. Wegen seinem weißen Strich über dem Auge wird er Augenbrauenmahali
genannt. Die Mahaliweber Gruppe, Unterfamilie Plocepasserinae, besteht aus 8 Arten in 4 Gattungen,
nämlich: Rotschwanzweber (Histurgops ruficauda), Augenbrauenmahali (Plocepasser mahali), Braunwangenmahali (P. superciliosus), Rotrückenmahali (P. rufoscapulatus), Dornbuschmahali (P. donaldsoni), Marmorspätzling (Pseudonigrita
arnaudi) und Siedelweber
(Philetairus socius).
Afrika beherbergt 3 Subspezies des Augenbrauenmahali und alle drei sind im
südlichen Afrika vertreten: Plocepasser mahali mahali, P. m. pectoralis und P. m. ansorgei.
Die
Augenbrauenmahali sind gesellige Vögel und leben deswegen in Gruppen von zwei
bis zehn Tieren in ganzjährig etablierten Territorien. Ganzjährig sind sie mit
dem Nestbau beschäftigt und bauen unordentliche, röhrenförmige Nester,
unterscheidend zwischen Rast- oder Schlafnestern und Brutnestern, aus
Grashalmen an die äußeren Zweige der Akazienbäume mit den Eingängen nach unten
weisend. Dies dient der Schlangenabwehr, denn ein nach unten weisender Eingang
erschwert den Schlangen das Eindringen.
Die Nester einer Kolonie befinden sich alle in einem Baum, nur selten greifen sie über auf einen eng benachbarten Baum. Dem aufmerksamen Beobachter fällt auf, dass die Nester einer Kolonie meist und überwiegend an der windgeschützten Seite des Baumes angebracht sind. Forschern zufolge dient dies der damit erwirkten längeren Haltbarkeit der Rast-, Schlaf- und Brutnester. Nicht selten beziehen andere Vögel wie Rotkopfamadine und Aschenmeise in unbenutzten Mahaliwebernestern Quartier.
Zu unterscheiden
sind die Rast- und Schlafnester von den Brutnestern anhand der jeweils zwei
nach unten weisenden tunnelförmigen Eingängen bei den Rast- und Schlafnestern.
Zwei Ein-/Ausgänge bewirken eine bessere Überlebenschance beim Angriff durch
einen Feind, der Verfolgte kann durch den „Fluchtausgang“ entkommen.
Die Tatsache,
dass sich in einer Kolonie zur Brutzeit nur ein Brutnest befindet, bestätigt,
dass sich in einer Kolonie nur ein Weibchen befindet welches Eier legt. Bei
diesem Tier handelt es sich um das Alphaweibchen, dem dominanten Weibchen,
unterstützt von dem dominanten Männchen, dem Rudelführer der Kolonie. Diesem
dominanten Brutpaar, und insbesondere dem Chef, sind alle übrigen
Gruppenmitglieder untergeordnet und helfen bei der Aufzucht des Nachwuchses. Da
der Augenbrauenmahali häufig in sehr futterarmen Gebieten lebt, haben die Küken
mit dieser Strategie, viele Schnäbel finden mehr Futter, eine höhere
Überlebenschance als wenn es mehrere zeitgleiche Bruten gäbe. Die dominante
Position eines Paares wird in der Regel ein Leben lang beibehalten.
Das Gehirn
bleibt auch im Alter anpassungsfähig
Bei den in
statusabhängigen Gruppen zusammenlebenden Augenbrauenmahali sind die dominanten
Männchen sogar im wahrsten Sinne des Wortes tonangebend. Nur sie singen den
Sologesang, eine spezielle Gesangsart. Dieser wird nur während der Brutzeit zu
Sonnenaufgang präsentiert und dient der Kommunikation mit dem Alphaweibchen und
dem Anlocken dessen. Die Weibchen und subdominanten Männchen zwitschern dagegen
nur in einem identischen, abwechselnden Duett, welcher aber auch vom dominanten
Männchen gezwitschert wird. Dieser Duettgesang weitet sich bei mehr als zwei
mitsingenden Tieren zum Chorusgesang aus und dient vor allem der
Revierverteidigung. Bemerkenswert dabei ist, dass dominante Männchen beide
Gesangsrepertoires beherrschen, bei denen beide Gesangstypen ein umfangreiches
und aber völlig unterschiedliches und voneinander getrenntes Silbenrepertoire
haben.
Ändert sich aber
der soziale Status eines Individuums indem er den Chefposten antritt, so muss
dieser beide silbenunterschiedliche Gesänge beherrschen, er muss praktisch
zweisprachig sein. Diese Gegebenheit ist ein Beweis dafür, dass auch das Gehirn
eines erwachsenen Tieres auf soziale Veränderungen reagiert und die neuronalen
Netzwerke dauerhaft umstrukturieren kann. Früher ging man davon aus dass das
Gehirn, auch beim Menschen, im fortgeschrittenen Alter stagniert. Heute wissen
wir besser, das Gehirn bleibt auch im Alter anpassungsfähig, vorausgesetzt es
bleibt aktiv. Mit dieser Studie, anhand der Augenbrauenmahali, durchgeführt von
Cornelia Vogt und Stefan Leitner vom Max-Planck-Institut für Ornithologie,
haben diese afrikanischen Singvögel nicht nur Ornithologen und Frühaufsteher,
sondern auch Neurobiologen begeistert. An diesen Testvögeln wurde festgestellt,
dass die saisonale Änderung der Tageszeitlänge nicht nur die Jahresrhytmik bei
Tieren der gemäßigten Zonen sondern auch bei Tieren der tropischen Habitate
beeinflusst. Die zunehmende Tageslänge des Frühlings erwirkt bei Vögeln einen
Anstieg der Konzentration der Geschlechtshormone und leitet damit den
Brutbeginn ein. Synchron verlaufend ändert sich auch das Verhalten: Bei
Singvogel-Männchen, wie bei unseren Augenbrauenmahali, besteht dann ein
Zusammenhang zwischen der Häufigkeit und Komplexität ihrer Gesänge und der
Testosteronkonzentration im Blut, die dominanten Augenbrauenmahali-Männchen
deutlich mehr als subdominante Tiere. So sind einige für den Gesang
verantwortliche Teile des Gehirns bei den dominanten Männchen um 30 Prozent
größer als bei subdominanten.
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