Tuesday 16 May 2017

224 | AUGENBRAUENMAHALI - DER ANFÜHRER IST ZWEISPRACHIG



224


Art. # 224 

DER ANFÜHRER IST ZWEISPRACHIG

Augenbrauenmahali (Mahaliweber)

Text und Fotos von Stefan Rust
2014

(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to Stefan Rust)

                                                                                   Augenbrauenmahali Plocepasser mahali

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Steckbrief

Namen: Plocepasser mahali (Lateinisch) / White-browed Sparrow-Weaver (Englisch) / Koringvoel (Afrikaans)

Familie: Webervögel - Ploceidae

Verbreitung: Äthiopien bis Südafrika

Lebensraum: Dünn bewaldete Savannen und Halbwüsten, auch Dörfer

Größe: 16-18 cm

Gefieder: Schwarz- braunweißes Gefieder

Stimme: Gackernde und quietschende Töne

Nest: Unsauberes, kugelförmiges Nest aus trockenem Gras

Brutzeit: September - Mai

Nahrung: Samen, Körner, Beeren, Früchte und Insekten

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Immer eine Hintertür offen
Beide Geschlechter sehen außer der Schnabelfärbung gleich aus. Bei dem Weibchen ist der Schnabel hell hornfarben und beim Männchen hingegen dunkler gelbbräunlich gefärbt. Wegen seinem weißen Strich über dem Auge wird er Augenbrauenmahali genannt. Die Mahaliweber Gruppe, Unterfamilie Plocepasserinae, besteht aus 8 Arten in 4 Gattungen, nämlich: Rotschwanzweber (Histurgops ruficauda), Augenbrauenmahali (Plocepasser mahali), Braunwangenmahali (P. superciliosus), Rotrückenmahali (P. rufoscapulatus), Dornbuschmahali (P. donaldsoni), Marmorspätzling (Pseudonigrita arnaudi) und Siedelweber (Philetairus socius). Afrika beherbergt 3 Subspezies des Augenbrauenmahali und alle drei sind im südlichen Afrika vertreten: Plocepasser mahali mahali, P. m. pectoralis und P. m. ansorgei.
Die Augenbrauenmahali sind gesellige Vögel und leben deswegen in Gruppen von zwei bis zehn Tieren in ganzjährig etablierten Territorien. Ganzjährig sind sie mit dem Nestbau beschäftigt und bauen unordentliche, röhrenförmige Nester, unterscheidend zwischen Rast- oder Schlafnestern und Brutnestern, aus Grashalmen an die äußeren Zweige der Akazienbäume mit den Eingängen nach unten weisend. Dies dient der Schlangenabwehr, denn ein nach unten weisender Eingang erschwert den Schlangen das Eindringen.















Die Nester einer Kolonie befinden sich alle in einem Baum, nur selten greifen sie über auf einen eng benachbarten Baum. Dem aufmerksamen Beobachter fällt auf, dass die Nester einer Kolonie meist und überwiegend an der windgeschützten Seite des Baumes angebracht sind. Forschern zufolge dient dies der damit erwirkten längeren Haltbarkeit der Rast-, Schlaf- und Brutnester. Nicht selten beziehen andere Vögel wie Rotkopfamadine und Aschenmeise in unbenutzten Mahaliwebernestern Quartier.
Zu unterscheiden sind die Rast- und Schlafnester von den Brutnestern anhand der jeweils zwei nach unten weisenden tunnelförmigen Eingängen bei den Rast- und Schlafnestern. Zwei Ein-/Ausgänge bewirken eine bessere Überlebenschance beim Angriff durch einen Feind, der Verfolgte kann durch den „Fluchtausgang“ entkommen.

Nähert sich die Brutzeit so wird eines der Rast- oder Schlafnester als Brutnest umgestaltet indem ein Eingang mit trockenem Gras geschlossen wird. Es befindet sich nur ein Brutnest innerhalb einer Anordnung von Schlafnestern. Diese Gegebenheit beinhaltet eine Schutzfunktion – rückt ein Feind an so ist die Wahrscheinlichkeit recht gering, abhängig wie viel Nester vorhanden sind, dass er mit dem ersten Nest gleich fündig wird mit Eiern, Küken oder gar dem brütenden Altvogel drin. Diese aufgebrachte Zeit zur Suche nach einem Nest mit Inhalt, gibt den Koloniemitgliedern die benötigte Zeit sich zu sammeln und den Feind, häufig Greifvögel, durch anhassen und Scheinangriffe in die Flucht zu schlagen.
Die Tatsache, dass sich in einer Kolonie zur Brutzeit nur ein Brutnest befindet, bestätigt, dass sich in einer Kolonie nur ein Weibchen befindet welches Eier legt. Bei diesem Tier handelt es sich um das Alphaweibchen, dem dominanten Weibchen, unterstützt von dem dominanten Männchen, dem Rudelführer der Kolonie. Diesem dominanten Brutpaar, und insbesondere dem Chef, sind alle übrigen Gruppenmitglieder untergeordnet und helfen bei der Aufzucht des Nachwuchses. Da der Augenbrauenmahali häufig in sehr futterarmen Gebieten lebt, haben die Küken mit dieser Strategie, viele Schnäbel finden mehr Futter, eine höhere Überlebenschance als wenn es mehrere zeitgleiche Bruten gäbe. Die dominante Position eines Paares wird in der Regel ein Leben lang beibehalten.

Das Gehirn bleibt auch im Alter anpassungsfähig


Das Leben in einer dichten Gruppe hat zwar den großen Vorteil von viel Schutz aber, wie im wahren Leben, alles hat auch eine Kehrseite. Viel Schutz in einer dichten Gruppe bedeutet auch viel Konkurrenz. Das hat den Nachteil von viel Streit, vorprogrammiert sozusagen. Diesen aber auf ein Minimum zu beschränken, hat die Natur Vorsorge getroffen: Gruppentiere leben oft in einer Rangordnung. Diese muss jedoch erst ausgefochten werden, hat dann aber recht dauerhaften Bestand.


Bei den in statusabhängigen Gruppen zusammenlebenden Augenbrauenmahali sind die dominanten Männchen sogar im wahrsten Sinne des Wortes tonangebend. Nur sie singen den Sologesang, eine spezielle Gesangsart. Dieser wird nur während der Brutzeit zu Sonnenaufgang präsentiert und dient der Kommunikation mit dem Alphaweibchen und dem Anlocken dessen. Die Weibchen und subdominanten Männchen zwitschern dagegen nur in einem identischen, abwechselnden Duett, welcher aber auch vom dominanten Männchen gezwitschert wird. Dieser Duettgesang weitet sich bei mehr als zwei mitsingenden Tieren zum Chorusgesang aus und dient vor allem der Revierverteidigung. Bemerkenswert dabei ist, dass dominante Männchen beide Gesangsrepertoires beherrschen, bei denen beide Gesangstypen ein umfangreiches und aber völlig unterschiedliches und voneinander getrenntes Silbenrepertoire haben.
Ändert sich aber der soziale Status eines Individuums indem er den Chefposten antritt, so muss dieser beide silbenunterschiedliche Gesänge beherrschen, er muss praktisch zweisprachig sein. Diese Gegebenheit ist ein Beweis dafür, dass auch das Gehirn eines erwachsenen Tieres auf soziale Veränderungen reagiert und die neuronalen Netzwerke dauerhaft umstrukturieren kann. Früher ging man davon aus dass das Gehirn, auch beim Menschen, im fortgeschrittenen Alter stagniert. Heute wissen wir besser, das Gehirn bleibt auch im Alter anpassungsfähig, vorausgesetzt es bleibt aktiv. Mit dieser Studie, anhand der Augenbrauenmahali, durchgeführt von Cornelia Vogt und Stefan Leitner vom Max-Planck-Institut für Ornithologie, haben diese afrikanischen Singvögel nicht nur Ornithologen und Frühaufsteher, sondern auch Neurobiologen begeistert. An diesen Testvögeln wurde festgestellt, dass die saisonale Änderung der Tageszeitlänge nicht nur die Jahresrhytmik bei Tieren der gemäßigten Zonen sondern auch bei Tieren der tropischen Habitate beeinflusst. Die zunehmende Tageslänge des Frühlings erwirkt bei Vögeln einen Anstieg der Konzentration der Geschlechtshormone und leitet damit den Brutbeginn ein. Synchron verlaufend ändert sich auch das Verhalten: Bei Singvogel-Männchen, wie bei unseren Augenbrauenmahali, besteht dann ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit und Komplexität ihrer Gesänge und der Testosteronkonzentration im Blut, die dominanten Augenbrauenmahali-Männchen deutlich mehr als subdominante Tiere. So sind einige für den Gesang verantwortliche Teile des Gehirns bei den dominanten Männchen um 30 Prozent größer als bei subdominanten.

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