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FREUND UND HELFER DES FARMERS
Siedelweber
Fotos und Text
von Stefan Rust
2013
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Philetairus socius
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Steckbrief
Namen: Philetairus socius (Lateinisch) / Sociable Weaver (Englisch)
/ Versamelvoel (Afrikaans)
Familie: Webervögel
Verbreitung: West- und Zentral-Südafrika
Lebensraum: Trockene Akaziensavannen
Größe: 14 cm
Gefieder: Dieser sperlingsgroße Webervogel hat
einen schwarzen Fleck um den blau-grauen Schnabel. Die obere Kopfhälfte ist
dunkelbraun und die Brust ist hellbeige. Die Flanken sind mit schwarzen Flecken
versehen. Die hell geränderten Federn des Nacken und der beige-braunen Flügel
haben eine geschuppte Wirkung. Geschlechter gleich.
Stimme: Ein „Tschipp-tschipp“ Gesang und ein
harter „tip tip“ Alarmruf.
Nest: Massive riesige heuhaufenartige
Grasnester, in dem sich bis zu 100 separate Kammern befinden.
Brutzeit: Julie – April (Regen bedingt)
Nahrung: Insekten, Pflanzensamen
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Besonderes
Das
Bemerkenswerteste an dieser Vogelart ist ihr außergewöhnliches Brutverhalten.
Diese geselligen Siedelweber, auch Siedelsperling oder in Afrikaans Familievoel
(Familienvogel) genannt, haben eine besondere Nestbautechnik entwickelt. Jede
Kolonie, bestehend aus 6-300 Vögeln, baut aus Grashalmen ein Gemeinschaftsnest.
Siedelweber bauen die größten Gesellschaftsnester der Vogelwelt, welche eine
Größe von 7,5 x 3,5 m, ein Gewicht von bis zu 1 000 kg und räumlich eine Anzahl
von 125 Brut- und Wohnkammern erreichen können. Die Nestbautechnik dieses
südafrikanischen Sperlingsvogels erhebt Anspruch auf Einmaligkeit. Andere Arten
der Unterfamilie Sperlingsweber bauen retortenförmige Nester mit zwei Eingängen
in der Nichtbrutzeit.
Als Ausgangspunkt
für den Bau werden größere Bäume, Köcherbäume und Telefonmasten benutzt.
Kameldornbäume, sofern vorhanden, werden bevorzugt benutzt da deren Äste wegen
des harten Holzes im Stande sind die schwere Last dieser Mammutnester zu
tragen. Hierbei gilt zu berücksichtigen dass das Nestgewicht sich in der
Regenzeit, im feucht gewordenen Zustand, verfünffachen kann. In Gegenden, vor
allem im tiefen Süden Namibias in der Umgebung des Fischfluss Canyons, wo
Kameldornbäume nicht so häufig wachsen, dient die dort höchst wachsende
Pflanze, der Köcherbaum, als „Fundament“. Da der Köcherbaum deutlich kleiner
ist als ein Kameldornbaum passiert es nicht selten dass ein Siedelwebernest die
gesamte Krone eines solchen Baumes verdeckt. In Gegenden wo höhere Bäume
Mangelware sind, verdanken Siedelweber ihre Verbreitung in solche Gegenden
indirekt dem Menschen, dort werden Telefonmasten oder gar
Hochleitungsstrommasten als willkommene Nestplattformen genutzt. Der Vorteil
der Verwendung von Köcherbäumen, Telefonmasten und Strommasten als Bauplattform
liegt im Schutz gegen Schlangen. Die Masten und die Rinde der Köcherbäume sind
zu glatt als dass Schlangen diese erklimmen können.
Der Nestbau wird
durch Schnabelstochern aus der Umgebung (Territorium) gesammelter steifer
Grashalme an einem kräftigen Ast durch den Bau eines Daches begonnen. Nach der
Vollendung des Daches legt jedes Paar seine Nestkammer mit vertikaler
Eingangsröhre unter dem Dach an und verteidigt sie gegenüber anderen
Brutpaaren. Die Eingangsröhre ist mit diagonal abwärts weisenden Grasstängeln
bekleidet, die Schutz vor Nesträubern bieten, nicht aber vor Schlangen. Weitere
Feinde des Siedelwebers sind Fuchsmanguste, Trauerdrongo, Gabarhabicht,
Weißbürzel Singhabicht und Zwergfalke. Sich bei Raststätten ansiedelnde
Siedelweber nutzen gerne die dort vom Menschen liegen gelassenen Schnüre und
Garn als Nestraumpolsterung. Solche Materialien werden den Vögeln zum
Verhängnis als dass sie sich darin verheddern und einen qualvollen Tod
erleiden.
Durch das
jahrelange Bewohnen eines Gemeinschaftsnestes wird auch das Dach immer wieder
verstärkt und neue Brutkammern werden angebaut, wobei manche Nester im Laufe
der Zeit enorme Ausmaße annehmen und Äste oder gar den gesamten „Gastgeberbaum“
völlig zudecken und unter der Last zusammenbrechen lassen. Dies führt
zwangsläufig zu einer Kolonieneugründung.
Die in Einehe
lebenden Vögel nutzen solch ein Vogelhotel sowohl als Brutkammer und als
Schlafkammer, bewohnen die Anlage mit 200 bis 300 Koloniemitgliedern also das
ganze Jahr. Obwohl einzelne Vögel kaum ein Alter von drei bis fünf Jahre
überschreiten, sind bewohnte Nester von einem Alter von über hundert Jahren
bekannt. Dies bezeugt den intensiven Zeitaufwand den die Vögel in die
Instandhaltung ihrer Nestkolonie investieren.
Fragt man sich
nach dem Sinn einer solch energieaufwendigen Anlage, drängt sich das Thema
Energieeffizienz in den Vordergrund. Die Struktur und Größe ihrer Nester
ermöglicht dieser Vogelart das Nutzen einer Nische in diesem ariden Lebensraum,
wo sonst keine ähnliche Vogelart überleben könnte. Die klirrend kalten
Winternächte und sengend heißen Tage sind Lebensfeindlich in dem Lebensraum
dieser Vögel. Da aber die Temperaturen in diesen großen Strohnestern Nachts und
Tags wohltemperiert bleiben haben diese Webervögel ein Energieersparnis wodurch
sie die stark schwankenden Temperaturen und die Futterknappheit bewältigen
können.
Die Nestgröße ist
aber gleichzeitig der bestimmende Lebensraumfaktor. Die hohe Graskonzentration
solch eines Nestes beginnt in einem Gebiet mit höherem Niederschlag zu
schimmeln und zerfällt frühzeitig. Der dadurch zu häufig entstehende Neu- oder
Wiederaufbau ist zu energieaufwendig.
In
lebensfeindlichen Gebieten wie dem des Lebensraums der Siedelweber blieben solche
bequeme Einrichtungen wie diese Siedelwebernester in der Evolutionsgeschichte
einiger anderer Tierarten nicht unentdeckt. Somit nutzen Sekretärvögel und
unterschiedliche Eulenarten nicht selten die Dächer dieser großen Strohnester
als bequeme, fertige Nester. Einzelne, unbewohnte Brutkammern werden auch von
Rosenamadinen, Rosenpapageien, Aschenmeisen, Rostschwanzschmätzern,
Rotstirnbartvögeln, Perlkauz, Bilchmäusen und Dickfingergeckos als Unterschlupf
und zu Brut- und Übernachtungszwecken genutzt. Auch Afrikas kleinste Falkenart,
der Zwergfalke, wohnt öfters bei den Siedelwebern zur Untermiete. Dieser
kleine, treffend bezeichnete Zwergfalke weist ein sehr territoriales Verhalten
auf. Der Kern seines Revieres ist das Vogelhotel, welches er im „Gegenzug“ zur
Untermiete im Umkreis von bis zu 1 000 Metern Radius gegenüber Artgenossen und
sonstigen unangenehmen Eindringlingen verteidigt.
Es ist nicht
ausgeschlossen dass eine Kommunikation zwischen dem Zwergfalken und den
Siedelwebern besteht, da sich die Laute dieser beiden Arten sehr ähneln. Sogar
innerartlich sind bei Zwergfalken unterschiedlicher Siedelweberkolonien
Dialekte zu erkennen.
Aber nicht nur
andere Tierarten profitieren von der Anwesenheit des Siedelwebers sondern auch
Menschen profitieren und profitierten vom Siedelsperling.
Während
regelmäßig auftretenden Dürrejahren „ernten“ manche Viehfarmer die Grasnester
von den Bäumen und können mit dem verfüttern eines durchschnittlichen Nestes 40
Schafe über zwei Tage ernähren. Der informierte Farmer ist sich jedoch der
Vorteile der Anwesenheit intakter Siedelweberkolonien auf seinem Land bewusst.
Bis zu 1.6 km Nestumkreis halten diese tüchtigen Helfer frei von Plagegeistern
wie Zecken, Heuschrecken und Grasschneidertermiten (Hodotermes mossambicus). Alleine die Grasschneidertermite kann
einen Schaden von bis zu 25% Weideverlust verursachen.
Auch die
Buschmänner, auch San genannt, ein kleinwüchsiges Jäger- und Sammlervolk in
Namibia und Botswana mit rund 50 000 Angehörigen, nutzten die Anwesenheit
dieses kleinen Tieres. Die San wurden früher von bantusprachigen Völkern und
europäischen Siedlern in die Kalaharihalbwüste abgedrängt und entwickelten sich
als wahre Überlebenskünstler. Fast alles was die karge Natur ihnen bot, wurde
verwertet. Unter anderem wurden ausgeblasene Straußeneier als Wasserbehälter
benutzt. Die beachtlichen Ansammlungen trockener Kot der Siedelweber unter
deren Gesellschaftsnestern, welcher dem Baum auch als Dung dient, wurde von den
San gesammelt und als Hefezusatz dienendes Mittel zum Brauen ihres
Nxannetjiegoup Biers verwendet, nach natürlichem Reinheitsgebot.
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