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STORCH ODER IBIS?
Nimmersatt
Fotos und Text
von Stefan Rust
2013
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Mycteria ibis
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Steckbrief
Namen: Mycteria ibis (Lateinisch) / Yellow-billed Stork (Englisch) /
Nimmersat (Afrikaans)
Familie: Störche - Ciconiidae
Verbreitung: Afrika, südlich der Sahara
Lebensraum: Feuchtgebiete
Größe: 95-105 cm
Gefieder: Neben dem nackten roten Gesicht und den
roten Beinen fällt der lange gelbe Schnabel auf. Sein weißes Gefieder ist rot
angehaucht, Schwung- und Schwanzfedern sind schwarz.
Stimme: Nasal quietschender oder grunzender Ruf
Nest: Flache Reisignester in kleineren und
größeren Kolonien auf Bäumen und Felsen.
Brutzeit: Januar - August
Nahrung: Fische, Amphibien, Reptilien und
Wasserinsekten.
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Besonderes
Nimmersatte gehören zu den Störchen. Weltweit sind 19
Storchenarten bekannt. Störche sind in allen Erdteilen beheimatet mit Ausnahme
von Neuseeland, Ozeanien und der Antarktis. In Europa leben nur Weissstörche
und die deutlich selteneren Schwarzstörche. Bekannte afrikanische Vertreter der
Storche sind der Wollhalsstorch (Ciconia episcopus), Abdimstorch (Ciconia abdimii), Schwarzstorch (Ciconia nigra), Weissstorch (Ciconia ciconia), Klaffschnabel (Anastomus lamelligerus), Marabu (Leptoptilos crumeniferus), Sattelstorch (Ephippiorhynchus
senegalensis) und der Nimmersatt (Mycteria
ibis).
Der leicht nach unten gebogene Schnabel erweckt eine Ähnlichkeit
mit den Ibissen und der wissenschaftliche Name des Nimmersatt scheint die
Verwandtschaft der Ibisse zu bestätigen, aber sie gehören ganz eindeutig zu den
Störchen.
Die wissenschaftliche Namensgebung ibis für den Nimmersatt liegt in der Vergangenheit, als
in den 1980er Jahren die molekulargenetische Untersuchungsmethode entwickelt
wurde. Diese Ermöglichung der exakten Feststellung der Verwandtschaften der
Tierarten anhand der im Erbgut gespeicherten Informationen hat die Erforschung
des avifaunistischen Stammbaums im wahrsten Sinne des Wortes revolutioniert.
Dies ergab, dass unter anderem Ibisse und Störche in eine Ordung gruppiert
wurden welches die wissenschaftliche Bezeichnung ibis für den Nimmersatt rechtfertigte. Die Untersuchung
der Storchenverwandtschaft zeigte jedoch, daß diese so genannten DNS-Analysen
(Englisch: DNA) zu Anfangs noch nicht ausgereift waren. Als in den
2000er-Jahren eine in den 90ern entwickelte präzisere Form der DNA-Analyse
eingebracht wurde, stellte die Wissenschaft fest, dass die Ibisse, Reiher,
Löffler, Hammerkopf und Schuhschnäbel näher mit den Pelikanen als mit den
Störchen verwandt sind. Nach weiteren Untersuchungen ergab sich, dass Störche
in der Vogelordung Ciconiiformes
ziemlich isoliert sind. Die Storchenvogelordung ist also nach einem zuerst
starken Anwachsen in den 80er-Jahren anhand dieser neuen Erkenntnis plötzlich
stark geschrumpft, zu denen seither auch der Nimmersatt als Storch und nicht
Ibis, sprich Pelikan Familie, gehört. Nur wurde die lateinische Bezeichnung des
Nimmersatt nicht geändert.
Als mühsam ergab sich die Suche nach der Begründung der
deutschen Namensgebung “Nimmersatt”. Auf keinen Fall kann behauptet werden,
dass er gefrässiger als als seine Verwandten ist, und daher Nimmersatt genannt
wurde. Im Gegenteil, er wurde von einigen Wissenschaftlern eher als gemässigt
in Bezug auf die Nauhrungsaufnahme beschrieben. Wie also kam er auf diesen
Namen? Wahrscheinlicher ist ein Hinweis den man von dem ehemaligen Gattungsname
Tantalus erhält. Tantalus hiess der griechische
König der zur Strafe für seinen Hochmut den Göttern gegenüber in der Unterwelt
hungern und dursten musste; die reifen Früchte über ihm an den Bäumen und das
Wasser am Boden wichen zurück, sobald er danach griff. Er erlitt die
Tantalusqualen und wurde nimmer satt. Das Fressverhalten des Nimmersatt
Storches, bei dem dieser im Wasser dahinschreitet, seinen halbgeöffneten
Schnabel ins Wasser getaucht hält, und scheinbar vergeblich auf Beute hofft,
erinnerte den namengebenden früheren Naturforscher möglicherweise an diesen
altgriechischen Mythos.
Betrachten wir uns dieses Fressverhalten etwas genauer, so
ergibt sich ein höchst ausgeklügeltes System, sein Schnabel ist nämlich an der
Spitze mit Tastsinnzellen ausgestattet. Sie verursachen, dass der Schnabel sich
reflexartig binnen Millisekunden schliesst, sobald ein Beutetier, vom im Wasser
stelzen dieses Schreitvogels aufgescheucht wurde, den Schnabel berührt. Dieses
Tastschnabelsystem befähigt den Nimmersatt auch in trüben und schlammigen
Wasser Beute zu fangen. Auch erklärt diese Jagdtechnik warum der Nimmersatt bei
der Auswahl seiner Jagdgründe flexibler ist und deswegen anderen auf Sicht
jagenden Watvögeln klar im Vorteil ist.
Feuchtgebietbewohner
Nimmersatt
Sobald dieser recht häufige Bewohner der flachen
Binnengewässer aber auch der Küsten gesättigt ist steht er ruhend mit
eingezogenem Kopf am Wasserrrand, beschäftigt sich mit Gefiederpflege oder
segelt mühelos im Aufwind umher: er ist nämlich ein ausgezeichneter Flieger.
Zwar ist er kein Langstreckenzieher wie seine Verwandten, Weiss- und
Schwarzstorch, aber sein Wanderverhalten richtet sich nach den örtlichen
Gegebenheiten. Somit bleiben einige der regionalen Bestände das ganze Jahr über
an ihrem Brutgebiet, derweil andere alljährlich zwischen ihren etwas
auseinander liegenden Brut- und Nichtbrutgebieten pendeln. Daher wird der
Nimmersatt als Halbnomadisch bezeichnet.
Die frühere Ansicht der lebenslangen Paarbindung bei
Störchen, auch Monogamie genannt, ist überholt. Monogamie gibt es nur bei den
territorialen und einzelgängerischen Arten. Bei den in Gruppen und Kolonien
brütenden Arten bilden sich jades Jahr neue Partnerschaften. Im Falle einer
vorjährigen erfolgreichen Brut, geschieht es oft, dass beide Vögel zur selbigen
Kolonie und sogar zum selben Nest zurückkehren was dann nicht selten zur
Paarbildung derselben Vögel des Vorjahres führt. Ausserhalb der Brutzeit gehen
beide wieder getrennte Wege.
Die Balzphase bei Störchen, auch beim Nimmersatt, ist
gekennzeichnet durch das storchentypische Schnabelklappern.
Momentan gilt der Nimmersatt in seinem Fortbestand nicht als
gefährdet eingestuft. Dies verdankt er seine grossen Verbreitungsgebiet und
seiner bemerkenswerten Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lebensumstände. Aber
wegen allgemeinen Lebensraumverlust und Gewässerverschmutzung sind die
Bestandszahlen etwas rückläufig und ist deswegen ein genaues Beobachten der
Population erforderlich.
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