Sunday 24 March 2013

060 | SORGE UM DEN SÜDAFRIKANISCHEN STRAUSS


60
VOGEL DES JAHRES 2013 IN NAMIBIA

Sorge um den Südafrikanischen Strauß

Fotos und Text von Stefan Rust
2013

(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to Stefan Rust)


Heute leben Strauße nur noch in Afrika. Der Arabische Strauß ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts ausgestorben. Der Genpool des Südafrikanischen Strauß ist durch Kreuzungen mit dem Nordafrikanischen Strauß gefährdet.
Stefan Rust von BirdsConTour gibt einen Lagebericht.


Der Strauß (Common Ostrich / Struthio camelus) gehört zur Klasse der Vögel (Aves), zur Ordnung der Struthioniformes und zur Familie der Struthionidae.
Seitdem der in Arabien lebende Strauß (Struthio camelus syriacus) Mitte des 20. Jahrhunderts ausgestorben ist, gibt es den Strauß (Struthio camelus) nur noch in Afrika. Dieser wird in vier Unterarten unterschieden: Der Nordafrikanische Strauß (Struthio camelus camelus) hat einen rosafarbenen Hals und bewohnt die südliche Sahara, der blauhalsige Somalistrauß (Struthio camelus molybdophanes) beansprucht das Horn von Afrika, im Anschluss findet man in Ostafrika den rosahalsigen Massaistrauß (Struthio camelus massaicus) und der wiederum blauhalsige Südafrikanische Strauß (Struthio camelus australis) besetzt das Gebiet südlich des Sambesi.


Mittels großer, leistungsstarker Augen am Kopf eines langen beweglichen Halses erlaubt die Evolution diesem etwa 2,5 Meter hohen Vogel, Gefahren wie Löwen, Leoparden und Geparden frühzeitig zu erkennen. Wie eine Rennmaschine flieht er. Er kann seinen 115 Kilogramm schweren Körper vom Stand binnen 1,5 bis 2 Sekunden auf 60 Kilometer Stundengeschwindigkeit beschleunigen und 80 bis 100 km/Stunde für lange Strecken halten. Diese Geschwindigkeit erreicht er vor allem Dank des geringen Kontakts zwischen Fuß und Erdboden – er hat nur zwei Zehen an jedem der beiden Füße. Der jeweils größere dieser beiden Zehen trägt das ganze Körpergewicht.


Der Strauß in der Geschichte

Bereits die seit etwa 20 000 Jahren im südlichen Afrika lebenden Khoisan (früher als Buschmänner und Hottentotten bezeichnet) bejagten dieses schnellste zweibeinige Lebewesen wegen seines Fleisches, seiner Haut, ihrer Federn, Knochen und Eier. Die sorgfältig geleerten Eier wurden als Wasserbehälter benutzt. Zum Verzehr wurde das Ei angebohrt, über offenem Feuer erhitzt und dann wurde der Inhalt mit einem dünnen Stock gerührt.

Auch der Nordafrikanische Strauß ist dem Menschen schon lange bekannt. Die bezeugt eine etwa 5 500 vor Christus geschaffene Felszeichnung in der Sahara.
Schon die Altägypter kannten den Wert der Straußenfedern und es war die Feder die das Weltinteresse auf diesen größten aller Vögel lenkte. Wegen ihrer Symmetrie wählten die Ägypter die Straußenfeder zum Symbol der Wahrheit und Gerechtigkeit. Der Kiel bildet die Mitte einer Feder.
Weniger an der Feder interessiert waren die Römer. Deren Kaiser führten die Strauße den gaffenden Volksmassen vor, spannten sie vor Kriegswagen und boten Straußenhirn bei Festmählern als Delikatesse an.
Europa erreichten die prächtigen Schmuckfedern erst als die Kreuzritter sie von ihren Kreuzzügen mitbrachten. Zur ausschlaggebenden Bekanntmachung trug der Schwarze Prinz bei. Er wählte drei Straußenfedern zum Wappensymbol des Prinzen von Wales.


Eine Zukunft in der Landwirtschaft des südlichen Afrikas

Das Männchen (zweite von links) ist schwarz mit weißen Handschwingen und weißen Schwanzfedern, bei einigen Unterarten hellbraun. Das Weibchen (rechts) ist graubraun.

Der südafrikanische Farmer Arthur Douglass entwickelte bereits im Jahr 1869 den ersten Straußenei Brutkasten. Die war der Beginn der Straußenzucht und führte zu einer lukrativen Industrie. Wo Farmer an der Kapküste und in der Karoo im Jahre 1865 insgesamt nur 80 Brutvögel hielten, waren es zehn Jahre später (1875) bereits 32 247 Brutvögel.
In dem fruchtbaren Gebiet von Oudtshoorn in der Kleinen Karoo wurde um 1870 erfolgreich Luzerne als wertvolles Aufzuchtfutter für Straußenküken angepflanzt und führte dazu dass Oudtshoorn zum Zentrum der Straußenzucht wurde.
Trotz großer Herausforderungen wie die schwere Krise von 1894-1899 wegen einer Überproduktion der Federn, des Rückschlags durch den Burenkrieg 1999-1902, des Weltkriegs von 1914-1918, eines Trendwechsels in der Mode im Jahre 1920 und des Sturzes der Federpreise wegen der Weltwirtschaftskrise 1925-1935, hat die Straußenindustrie im südlichen Afrika bis heute überlebt.
Viele Strauße werden heute in Namibia, Südafrika, Botswana und Zimbabwe auf Farmen gehalten und der Strauß gilt als wertvoll weil kein Teil des Tieres verschwendet wird. Straußenfedern werden als Schmuck und zur Herstellung von Staubwedeln benutzt. Straußenfleisch erfreut sich großer Beliebtheit. Häute werden zu Handtaschen, Geldbörsen, Handschuhen und anderen feinen Lederwaren verarbeitet. Früher wurde das Fett zum Einfetten verwendet, heutzutage wird daraus Seife hergestellt. Eier dienen als Nahrung. Aus Eierschale und deren stücken wird Schmuck oder sonstige Souvenirs hergestellt und aus Knochen wird Knochenmehl als hervorragender Naturdünger produziert.


Sorge um den Vogel des Jahres


Hohe Beutegreiferdichte, stark zunehmende Verbuschung die dem Beutegreifer das Anpirschen erleichtert und dem Strauß die Sicht und den Fluchtweg versperrt, Verlust des Bruthabitats durch Verbuschung, das Eindringen des Menschen in ihre Lebensräume, gedankenlose Jagd und menschliche Aktivitäten in der Nähe der Gelege führen den im südlichen Afrika vertretenen Südafrikanischen Strauß ins Bedrängnis.
Aber mit etwa 60 000 Vögel in Botswana, ± 16 500 in Südafrika und „zehntausenden“ (keine genaueren Zahlen erhältlich) wild lebenden Vögel in Namibia gilt der Strauß nicht als bedroht.

Eine kleine geheime Expedition südafrikanischer Straußenzüchter mit Beteiligung der Gebrüder Rosenthal, schiffte nach langem Suchen 148 Vögel der Nordafrikanischen Straußenrasse des Barbary Typus in abgelegenen Gebieten Nord Nigerias eingekauft, von Lagos nach Kapstadt. Ziel der Bemühungen war, die Federn der hiesigen Straußenunterart zu verbessern. Bis zu diesem Zeitpunkt lieferte die Feder der Nordafrikanischen Straußenart mit ihrem dichten „doppelten“ Flaum die bessere Qualität. Diese 148 Nordafrikanischen Strauße wurden mit dem Südafrikanischen Strauß auf Farmen gekreuzt und sicherten der Federindustrie des südlichen Afrika auf Jahre hinaus einen Vorsprung.

Während dieser langen Zeit der Straußenzucht gab es unweigerlich so genannte „Zuchtflüchtlinge“ oder kam es aus unterschiedlichen Gründen zum bewussten Aussetzen und/oder Auswildern gewisser gekreuzter Zuchttiere.
Heute ist davon auszugehen, dass einige der im südlichen Afrika, einschließlich Namibia, auf freier Wildbahn vorkommender Strauße eine Mischform aus der Nord- und Südafrikanischen Unterart ist. Nach ihrer phänotypischen Erscheinung könnten diese Vögel nach ihren Genen als Strauß vom „...-Typ“ benannt werden. Ihre Unterart wird jedoch äußerlich nicht mehr eindeutig festzustellen sein.

In wiefern die im südlichen Afrika und für unsere Zwecke insbesondere die in Namibia lebenden Strauße noch reine Vögel der Unterart Struthio camelus australis sind, könnte nur eine bisher noch nicht stattgefundene Untersuchung ans Licht bringen.
Es wäre vorstellbar, dass zum Beispiel die sich im 1907 gegründeten Etosha National Park befindenden isolierten Strauße noch reine Südafrikanische Strauße sind.

Um Aufmerksamkeit auf diese Unklarheit und die oben aufgeführten Bedrohungen des Straußes zu lenken, hat BirdsConTour mit dem Ziel, Vögel und ihre Lebensräume zu bewahren, den Südafrikanischen Strauß als Vogel des Jahres in Namibia gekürt und somit erstmalig für Namibia das Projekt Vogel des Jahres ins Leben gerufen.

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