Sunday 5 May 2013

068 | VIERZEHN TAGE UNTER TURMFALKEN


68
VIERZEHN TAGE UNTER TURMFALKEN

Familie Falke in der Von Falkenhausen Straße

Text von Stefan Rust
2013

(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to Stefan Rust)


Birgit, Thalia und Nino gebührt mein besonderer Dank. Die gemeinsamen Spaziergänge und Fahrradfahrten haben meine Begegnung mit den Turmfalken herbeigeführt und waren Ansporn zu diesem Projekt.


Inhaltsverzeichnis

Ein Plan zur Beobachtung der Turmfalken

Steckbrief

Bei einer Kirche zuhause

Die flüggen Falkenkinder

Die Jagd

Immer wieder Körperpflege

Gefiederte Nachbarn

Interessierte Anwohner

Datenauswertung und Schlussfolgerung


Ein Plan zur Beobachtung der Turmfalken

Weihnachten stand vor der Tür und dies bedeutete für meine Berufssparte, Gästeführer, eine etwas ruhigere Zeit. Also war ich längere Zeit zuhause und regelmäßig unternahmen wir Spaziergänge und Radfahrten, meistens am späteren Nachmittag sobald die Temperaturen Außenaktivitäten erlaubten. In der Von Falkenhausen Straße wohnend, führte der weg uns häufig an einer Kirche vorbei. An diesem Kirchengebäude residierte ein Turmfalkenpärchen. Kamen wir an dieser Kirche vorbei, dann glitt unser Blick suchend an dem Kirchengebäude entlang, bis wir sie meistens auf dem Kirchturm sitzend entdeckten.
Nino und ich fuhren immer öfter eben mal zur Kirche nur um nach den Turmfalken zu schauen. Ninos Begeisterung an der Vogelwelt war beachtlich. Meinerseits ist die Vogelkunde seit Kindesjahren an meine Leidenschaft. Das Gefühl der unmittelbaren Nähe mit freilebenden Vögeln begeisterte mich schon damals so stark, dass sicherlich der Eine oder Andere dieses vermeintlich ziellose in der Natur Umherstrolchen mit Sorge verfolgte.
Doch erwies sich dieses frühe Vagabundieren als nützlich, als ich mich im späteren Leben als Gästeführer im südlichen Afrika betätigte und auch wo immer möglich vogelkundliche Reisen leitete und im Vogelschutz aktiv wurde.
An dem Tage als wir plötzlich vier Falken an der Kirche entdeckten und wir die weiteren zwei als die Nachwuchs des uns bekannten Pärchens identifizieren konnten, keimte in mir eine Idee.

Einige Vorbereitungen mussten getroffen werden. Mein kurz zuvor beschädigtes Spektiv musste ersetzt werden. Zusätzlich benötigte ich ein meiner Körpergröße entsprechendes Stativ für das Spektiv, ein Fernglas mit einer guten Vergrößerungsstärke, Notizbuch und Stift.

Nachdem ich den Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern der Turmfalken recherchiert und mir eingeprägt hatte, standen Nino und ich am 30. Januar 2013 zum ersten Mal an einer strategisch günstigen Stelle und begannen mit der einstündigen intensiven Beobachtung der Falken. Zu zweit war dieses Falkenprojekt um einiges einfacher. Einer konnte durch Spektiv und Fernglas die Aktivitäten der Falken beobachten und erläutern und der Andere konnte die Beobachtungen notieren. Leider konnte Nino nicht täglich dabei sein. Alleine war diese vierzehn Tage jeweils eine Stunde dauernde Forschung dennoch möglich, wenn auch mühsamer.

Das Ziel dieses Projektes war, durch planmäßige Beobachtungen einen genauen Einblick in die Lebensweise dieser mit den unlängst flügge gewordenen Turmfalken Familie zu erhalten.


Steckbrief

Die Verbreitung des Turmfalken (Rock Kestrel / Falco rupicolus) beschränkt sich auf die südliche Hälfte Afrikas. Die art um den sich diese Geschichte handelt darf jedoch nicht mit dem in Europa bekannten Turmfalken (Common Kestrel / Falco tinnunculus) verwechselt werden. Irreführenderweise haben beide Arten in der deutschen Sprache denselben Namen.

Turmfalken gelten als Rekordhalter im Rütteln, währenddessen diese geschickten Jäger Ausschau halten nach Vögeln, Insekten, wirbellosen Tieren und kleinen Säugetieren. Beute wird mit den Krallen ergriffen. Der 30-34cm große Turmfalke jagt auch von Warten aus.

Sein Lebensraum ist vielfältig, meistens jedoch gern in der Nähe felsigen Geländes. In menschlichen Siedlungen akzeptiert er häufig höhere Betonmauern als Felsenersatz.
Ihr Nistplatz befindet sich in Felsen, Gebäudenischen oder in Baumnestern anderer Vogelarten. Das Weibchen legt zwischen 1-6 Eier in der Zeit September bis Januar. Nach 26-32 Tagen Brutzeit schlüpfen die Küken. Das Brutgeschäft wird fast ausschließlich vom Weibchen erledigt. Nach etwa 30-36 Tagen sind die Jungvögel flügge und verlassen das Nest. Vier Wochen nach dem Ausfliegen sind sie selbstständig.


Bei einer Kirche zuhause

Von einem Anwohner erfuhr ich dass dieses Falkenpärchen an dieser Nederlandse Gereformeerde Kerk Pionierspark in der Von Falkenhausen Straße schon seit einigen Jahren lebt. Diese große Kirche bietet ihnen künstliche Felsen als Lebensraum. Es ist erstaunlich wie schnell sich Vögel anpassen können. Erst im Jahre 1981 wurde dieses Kirchengebäude eingeweiht und schon ist dieses Falkenpärchen hier eingezogen.
Im Gegensatz zu natürlichen Felsen herrscht hier ein reger Fahrzeug- und Menschenverkehr auf den Straßen und den Grundstücken um die Kirche. Anstatt natürlichen Bodens gibt es hier Asphalt-, Beton- und Pflastersteinböden. Zu gewissen Tageszeiten ist die Luft mit Verkehr-, Menschen- und Baulärm geschwängert.

Trotz dieses recht naturentfremdeten Zustands haben sich die beiden Turmfalken diese Gegend als ihr Zuhause auserkoren.
Aber der Schein trügt. Dieses Kirchengrundstück mit seinem Umfeld birgt ein Paradies für Familie Falke, eine ergiebige Futterquelle, ideale Nistmöglichkeiten in den Mauernischen und hervorragender Ausguck vom hohen Kirchenturm. Dieser Teil Windhoeks serviert ihnen Mäuse, Eidechsen, Gartenvögel und natürlich auch Insekten in den Gärten.

Wie anpassungsfähig und klug diese Turmfalken sind, führte mir das Männchen vor Augen indem es sich in kühleren Nächten die nachts leuchtende Straßenlampe als Schlafplatz aussuchte und durch die abstrahlende Wärme eine angenehme Nachttemperatur hatte.


Die flüggen Falkenkinder

Die Falkenkinder wuchsen bei genügend Futter gut auf. In der Kinderstube trainierten sie fleißig ihre Flügelmuskulatur.
Eines Tages fiel ein Junges beim Drängeln während der Fütterung aus dem Nest und wurde von einer tierlieben Menschenfamilie in der Nachbarschaft per Hand gefüttert und großgezogen. Als es flügge war gesellte es sich wieder zu seinem Geschwisterchen und beide wurden von den Falkeneltern weiter gefüttert.

Eines späten Nachmittags setzte Geschrei ein. Ich wurde Zeuge eines Flugunterrichts. Mutter Falke flog voraus und lockte mit eindringlichen Fiepstönen. Mit viel Geschrei folgten ihr die beiden Jungvögel und hoch und höher führte Mama ihre Kinder spiralenförmig in die Lüfte. Das Gezeter der Falkenkinder klang in etwa wie: „Mama, muss dieser Stress sein?“


Die Jagd

Aufregung pur! Das Thermometer kletterte auf 36 Grad Celsius und ich stand im Schatten, durch mein Spektiv das Altvogelmännchen beobachtend. Es saß im angenehm kühlen Schatten eines in einem benachbarten Garten wachsenden Jakarandabaums und döste vor sich hin. Bei dieser warmen Tageszeit und dem Verhalten des Falkenmännchens nach zu urteilen, dachte ich würde diese Beobachtungsstunde nicht sehr interessant werden.
Doch dann geschah es. Urplötzlich fixierte er etwas und wippte zweimal mit dem Kopf auf und ab. Der soeben noch dösende Greifvogel streckte seine Flügel, kotete noch im Absprung, flog wie ein Pfeil blitzschnell einen unweit von seiner Sitzwarte befindenden Ast an und landete wieder auf einem weiteren dickeren Ast. Alles geschah so schnell dass ich im ersten Moment gar nicht begriff worum es ging und erst als ich den Vogel durch das Spektiv wieder im Visier hatte wurde mir alles klar.
Vor meinen Augen hatte sich eine Jagd abgespielt, es ging um Leben und Tod. Eine sich in Sicherheit wägende Senegaltaube hat sich unbesorgt im selbigen Baum in dem sich der Jäger befand niedergelassen. Sie bot sich dem Beutegreifer wie auf einem Serviertablett an. Hier konnte ein Vater Falke mit zwei immer hungrigen Kindern nicht widerstehen.
Fein säuberlich rupfte er die anscheinend schon beim Ergreifen gestorbene Beute, trennte ihr den Kopf ab und begann die Eingeweide, an Spagetti erinnernd, mit seinem tödlichen Hakenschnabel aus dem Leib zu ziehen und zu verzehren. Mit seinen kräftigen Krallen stemmte er die Taube derweil auf den Ast.
Abrupt unterbricht er das Fressen, fiepst aufgeregt, greift den Beuterest mit seinem Schnabel auf und hüpft den Ast höher hinauf. Dort angelangt wechselt er die Beute in die Krallen und fliegt ab. Seinen Flug mit meinem Fernglas verfolgend beobachte ich wie er zur Kirche fliegt und auf dem Kirchendach landet. Hier wird er freudig fiepsend von einem der Jungvögel begrüßt und Papa Falke überreicht ihm die Beute mit der er auch sofort flüchtet. Es wirkt so als denkt er: „Weg mit meinem Fraß bevor Papa es sich doch noch anders überlegt.“


Immer wieder Körperpflege

Federn sind Vögeln so wichtig wie vergleichsweise uns Menschen unsere Beine. Wie der Mensch sich mit seinen Beinen, so kann der Vogel sich nur dank seiner Federn fortbewegen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wie viel Zeit die von mir beobachteten Turmfalken mit Gefiederpflege verbringen. Für einen perfekten Flug müssen die Federn gut übereinander liegen. Der geschmeidige Luftfluss über die Flügelfedern und den gesamten Körper darf auf keinen Fall durch irgendwelche Unebenheiten beeinflusst werden. Dann würden Turbulenzen entstehen und die Effektivität des Fluges negativ beeinflussen oder im schlimmsten Fall den Vogel sogar zur Flugunfähigkeit zwingen.
Ist der Turmfalke gelandet, muss er möglichst häufig seine Federn „warten“, denn von ihnen ist sein Leben abhängig.
Dass die Turmfalken sich gern baden, dies mit einer wahren Wonne tun, konnte ich nach einer regenreichen Nacht beobachten. In der Regenrinne der Kirche hatte sich etwas Regenwasser gesammelt. Hier badete sich einer der Jungvögel ausgiebig. Immer wieder benässte er seine Federn indem er flügelschlagend in der Pfütze stand und abwechselnd auch seinen Kopf ins Wasser tauchte. Durch das Flügelschlagen spritzte er das Wasser auf und erzeugte einen Duscheffekt. Anständig nass fing er dann behutsam an seine Federn zu kämmen. Einzeln zog er seine Federn durch seinen Schnabel. Dies Baden, Kämmen der Federn und dem anschließenden Schütteln des Körpers, dient der Ordnung der Federn und zusätzlich der Befreiung von Läusen, Flöhen, Zecken und sonstigen Parasiten. Aber selbst die beste Pflege kann den Verschleiß der Federn nicht ewig verhindern. Deshalb mausert sich ein Vogel wobei die Federn durch neue ersetzt werden.


Gefiederte Nachbarn

Während der vielen interessanten Stunden die ich im Garten und in der Umgebung der Kirche zur Beobachtung der Familie Turmfalke verbrachte, hatte ich ebensoviel Spaß bei der Entdeckung der gefiederten Nachbarn der Turmfalken.
Als Städter achtet man im Getriebe der Stadt und in der Hektik des Alltags nicht so besonders auf die Vogelwelt bei dieser Kirche. Spatz und Taube wird wohl noch erkannt aber alle anderen sind nur Vögel und zwitschern.
Vom Autoverkehr umtost stolziert die Kapstelze (Cape Wagtail / Motacilla capensis) über den Rasen der Kirche und macht sich nützlich indem sie Raupen aus dem Rasen zieht und frisst.
In den Verkehrslärm mischt sich plötzlich ein „di-di-di-diderick“ Ruf. Mit smaragdgrünem Federkleid saust auch schon der Erzeuger des Rufes um den Kirchturm, der Diderikkuckuck (Diderick Cuckoo / Chrysococcyx caprius).
Mit atemberaubender Geschwindigkeit jagen die Afrikanischen Palmensegler (African Palm-Swift / Cypsiurus parvus) mit ihren sichelförmigen Flügeln hoch oben über der Kirche nach Insekten.
Haussperlinge (House Sparrow / Passer domesticus) sind schon seit Jahrhunderten Bewohner menschlichen Siedlungen und haben sich perfekt an den Stadtdschungel angepasst, so auch hier in Windhoek.
Nilgänse (Egyptian Goose / Alopochen aegyptiaca) flogen mehrmals über die Kirche hinweg. Hier bei uns beginnen sie erst jetzt den Lebensraum von Windhoek zu erobern.
Eines Sonntagmorgens freute ich mich den hübschen Rotbrustnektarvogel (Scarlet-chested Sunbird / Chalcomitra senegalensis) an einem Strauch mit Blüten zu sehen, als er damit beschäftigt war mit seinem langen leicht nach unten gebogenen Schnabel Nektar aus einer Blüte zu fressen.
Als ich einmal die Kirche früh morgens auf der Suche nach meinen Falken umrundete, entdeckte ich in einem dichten Strauch einen Grauschnäpper (Spotted Flycatcher / Muscicapa striata). Mit einer Körpergröße von nur 14,5cm kann er dennoch ein stolzes Alter von 11 Jahren erreichen. So klein er auch ist, bewältigt er die Strecke vom südlichen Afrika bis nach Europa als Langstreckenzieher.
Wo an vielen anderen Stellen in Windhoek die hohe Senegaltaubendichte den sozialen Stress durch Kämpfe um günstige Nistplätze erhöht, hält sich in diesem Lebensraum der Turmfalkenfamilie die Zahl der Senegaltauben (Laughing Dove / Streptopelia senegalensis) im Gleichgewicht. Hier müssen sich die Senegaltauben vor den Falken in Acht nehmen, das heißt die Taubenpopulation wird von den Greifvögeln in Schach gehalten.
Ein weiterer gefiederter Nachbar der Familie Turmfalken ist ein Paar Akaziendrossel (Groundscraper Thrush / Psophocichla litsitsirupa). Sie haben vor noch nicht allzu langer Zeit Windhoek als neuen Lebensraum entdeckt und breiten sich allmählich aus.
Gelegentlich wagen sich Schmarotzermilane (Black Kite / Milvus migrans) in die Nähe der Kirche, werden dann jedoch vehement vom Weibchen der Falken im Flug vertrieben.
Als eines Tages eine von ihrer Reise sichtlich erschöpfte Brieftaube (Rock Dove / Columba livia), hechelnd auf dem Kirchturm eine Rast einlegte, erschien kurze Zeit später auch wieder das Weibchen und flog wie tollwütig auf die erschöpfte Taube zu. Erschrocken und mit knallenden Flügelschlägen ergriff diese die Flucht.
Die Turmfalken betrachten die Kirche und das angrenzende Gebiet als ihr Territorium und vertreiben alle größeren in Brut- und Futterkonkurrenz stehenden Vogelarten.
Die Betonung liegt auf große Vogelarten. Den kleinen Rostschwanzschmätzer (Familiar Chat / Cercomela familiaris), der auch Nischen und Ähnliches als Brutplatz nutzt, lassen sie in Frieden.
Sogar der Wiedehopf (African Hoopoe / Upupa africana) brütet in der Nachbarschaft. Sein monotones „huphup huphup“ verrät ihn. Wegen des Gestankes der während der Brutzeit aus seinem Baumhöhlennest strömt, nannte man ihn früher in Deutschland den Stinkhahn.
Günstige Nahrungsangebote und attraktive Nistmöglichkeiten an und um der Kirche zogen auch den Paradiesschnäpper (African Paradise-Flycatcher / Terpsiphone viridis), Europäischen Bienenfresser (European Bee-eater / Merops apiaster), Rosenpapagei (Rosy-faced Lovebird / Agapornis roseicollis), bergstar (Pale-winged Starling / Onychognathus nabouroup), Weißrückenmausvogel (White-backed Mousebird / Colius colius), Maskenbülbül (African red-eyed Bulbul / Pycnonotus nigricans), Schildrabe (Pied Crow / Corvus albus), Rotzügelmausvogel (Red-faced Mousebird / Urocolius indicus), Große Streifenschwalbe (Greater Striped Swallow / Hirundo cucullata), Angolagirlitz (Black-throated Canary / Crithagra atrogularis), Felsentoko (African Grey Hornbill / Tockus nasutus) und den Mauersegler (Common Swift / Apus apus) an.

Alle diese gefiederten Nachbarn der Turmfalken ließen mich das konzentrierte Beobachten der Falken leichter ertragen.
Es war auffallend dass diese Nachbarn ihre Scheu weitgehend ablegten sobald die Turmfalken sich nicht bei der Kirche befanden. Waren sie Vorort, waren diese Vogelarten viel weniger zu sehen und zu hören.


Interessierte Anwohner

Einige Anwohner haben dieser Turmfalkenfamilie in irgendeiner Weise geholfen oder zeigten Interesse an meiner Arbeit. Eine Familie rettete einen aus dem Nest gefallenen Jungvogel, zog ihn mit der Hand groß und entließ ihn dann wieder zurück in die Freiheit, zurück zu seiner Familie.
In einem anderen Fall half die Köchin der Kirche einem Falken den Weg aus der Küche zu finden nachdem dieser sich während einer Verfolgungsjagd eines kleineren Vogels in die Küche verflog weil der Verfolgte vor lauter Panik da hinein flog.
Andere Anwohner wiederum wurden durch mein zweiwöchig täglich einstündiges Beobachten neugierig. Häufig wurde ich gefragt was ich wohl tue und so kam ich ins Gespräch mit einem Fahrradfahrer, Passanten und Autofahrer.
Zwei Herren, in arabischer Wäsche gekleidet, hielten eines Mittags mit ihrem Wagen ganz in der Nähe meines Beobachtungsplatzes. Ich sah ihnen an dass sie vor Neugier hätten platzen können. Aber um ihre Neugier zu verbergen sagte der Beifahrer dass sein Sohn ihn gebeten hätte ausfindig zu machen was ich hier tue und er dem Sohn versprochen hätte nachzufragen. Dies mochte sicherlich stimmen aber es war nicht zu übersehen dass der Vater mindestens genauso neugierig war um was es sich hier handelt. Natürlich berichtete ich ihnen über Familie Turmfalke, hoffte aber gleichzeitig dass sie nicht versuchen würden die Falken zu fangen da mir bewusst ist dass Araber gerne Falken fangen und sie für die Falknerei ausbilden.

Das Interesse der Anwohner führte mir wieder zu Bewusstsein wie viel Menschen doch auf die eine oder andere Art und Weise an der Vogelwelt interessiert und beteiligt sind.


Datenauswertung und Schlussfolgerung

Meine Beobachtungen ergaben interessante Zahlen. Von 14 Stunden (840 Minuten) Tageszeit die den Falken zur Verfügung standen verbrachten sie im Schnitt berechnet 8,5 Stunden (500 Minuten) mit Gefieder- und Körperpflege. Drei Fünftel, also 60% ihrer Tageszeit, investierten sie in Feder- und Körperpflege. Diese Berechnung betont die Wichtigkeit ihrer Federn. Weitere 3 Stunden verbrachten sie mit Jagd und Fütterung oder selber fressen und die letzten 2,5 Stunden der zur Verfügung stehenden Tageszeit nutzten sie zum Ruhen.

Wie häufig hören oder sagen wir: Ein Tier (Vogel) tut kaum etwas anderes außer fressen und schlafen?
Vielleicht noch etwas Sex zwischendurch.
Mit solch einer intensiven Beobachtung wird einem erst bewusst wie komplex das Leben solch eines Tieres in Wirklichkeit ist und man fragt sich ob diese Behauptung nicht vielleicht eher auf den Menschen zutrifft – essen und schlafen. Dies münze ich eher auf die Bequemlichkeit mit der wir heutzutage leben. Wir sind beispielsweise nicht mehr den Risiken der Jagd wie im Beispiel der Falken ausgesetzt. Wir haben wohl klimatisierte Räumlichkeiten, nicht so die wilden Tiere. Wir lassen uns behandeln im Falle von Verletzungen oder Krankheiten, nicht so die Tiere. Gäbe es in unserem Leben keine Medizin und Ärzte, dann würden auch wir bestimmt 60% unserer Tageszeit in Körperpflege investieren um gesund, arbeitsfähig (erwerbsfähig) und wettbewerbsfähig zu bleiben.

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