Friday, 9 August 2013

123 | EIN GLÜCKSBRINGER, RAUCHSCHWALBE

123


EIN GLÜCKSBRINGER

Rauchschwalbe

Text von Stefan Rust
2013

(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to Stefan Rust)


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Steckbrief

Namen: Hirundo rustica (Lateinisch) / Barn Swallow (Englisch) /
               Europese Swael (Afrikaans)

Familie: Schwalben

Verbreitung: Wintergast auf der südlichen Halbkugel; Brutvogel in Eurasien,
                       Nordamerika und Nordafrika

Lebensraum: Offene Landflächen, häufig in Wassernähe

Größe: 14 cm (18 cm mit verlängerten Schwanzfedern)

Gefieder: Oberseite glänzend dunkelblau; Unterseite rahmgelb; blaues Kropfband;
                 Kehle und Stirn kastanienrot; Geschlechter gleich

Stimme: Kurzes, blubberndes Gezwitscher

Nest: Kein Nestbau in Namibia. In Brutgebiet offene aus Lehmstückchen bestehende Viertelkugeln an senkrechte Flächen angeklebt. Mit Federn ausgepolstert.

Brutzeit: Brütet nicht in Namibia. Im Brutgebiet Februar - April

Nahrung: Überwiegend fliegende Kleininsekten und Ameisen

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Besonderes

Bevor sie im Spätsommer in den Süden ziehen, sammeln sie sich in großen Trupps in Schilfgebieten was, bevor man den Vogelzug verstand, Anlass gab zu glauben, dass sie im Schlamm überwintern. Einige unterstützten sogar die Theorie dass die Schwalben auf dem Mond überwintern.

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Die Rauchschwalbe ist ein Mitglied der Schwalbenfamilie die laut momentanen Erkenntnissen in 89 Arten mit 14 Gattungen unterschieden wird.
Zu erkennen ist sie an dem bereits beschriebenen Gefieder und am schlanken Körper, den langen, schmalen und zugespitzten Flügeln sowie den gegabelten Schwänzen. Die äußeren Schwanzfedern sind zur Zeit des Brutkleides verlängert. Laut einem Widerfund einer beringten Rauchschwalbe können sie ein Alter von 17 Jahren erreichen.

Diese überragenden Flugkünstler sind in Namibia wegen ihrer Rolle als Vorboten des Sommers und als Insektenvertilger ausgesprochene Sympathieträger. Ein bekanntes Sprichwort erinnert uns an die Rauchschwalbe: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Dieses Sprichwort geht auf zwei in Stuttgart tätige schwäbische Schneider des 18. Jahrhunderts zurück. Hieronymus Sommer fertigte exzellente, passgenaue Gehröcke an während seine Konkurrenz, Frau Wiebke Schwalbe und ihr Mann billige Massenware produzierten. Als sich wieder Qualitätsbewusstsein bei den Stuttgartern durchsetzte, sagte man: „Eine Schwalbe (Frau Wiebke Schwalbe) macht noch keinen Sommer (Qualität Gehrock des Herrn Sommer).
Sie verweilen von September bis April. In Namibia und generell auf der südlichen Halbkugel ist die Nahrung der Rauchschwalbe im Winter drastisch reduziert, weshalb sie in nördlicher gelegene Gefilde abwandert. Anders als die meisten Singvögel zieht die Rauchschwalbe am Tag und in geringer Höhe. Beringte Vögel geben preis, dass einige Schwalben von Skandinavien bis nach Namibia wandern und dies sogar mit einer stark geprägten Ortstreue. Von 120 beforschten Rauchschwalben kehrten 68 (56,6 %) nach ihrem Zug zum selbigen Schlafplatz wie im Vorjahr zurück. Bis auf vier der restlichen übernachteten alle innerhalb eines Umkreises von 100 km des vorjährig benutzten Schlafplatzes. Die längste bestätigte Flugdistanz lieferte ein Ringvogel mit 11 358 km von Südafrika bis Russland.

Rauchschwalbenweibchen bevorzugen bei der Partnerwahl Männchen mit langen Schwanzfedern. Dieser sexuell induzierte Selektionsdruck fördert über Generationen die Schwanzfederlänge. Gleichzeitig dienen die verlängerten Außenfedern des Schwanzes der aerodynamischen Funktionalität. Anhand der Schwanzfederlänge beurteilt das Weibchen die Vitalität eines Männchens. Testosteron, ein Steroidhormon, ist für die Immunabwehr zuständig und gleichzeitig für den Wachstum des Schwanzes. Über die Schwanzfederlänge demonstriert das Männchen den Zustand seines Immunsystems. Ähnlich verhält es sich mit der Symmetrie dieser beiden äußeren verlängerten Schwanzfedern.

Die Überlebensrate der jährlich zwischen 22-44 Millionen aus Westeuropa und den 44-88 Millionen aus Osteuropa und Asien nach Afrika während ihres Südzuges einreisenden Rauchschwalben ist hauptsächlich von der Regenmenge und der daraus entspringenden Nahrungsmenge abhängig.
Auch ungewöhnliche Kaltwetter-, Regen- und Hagelereignisse, Kollisionen mit Fahrzeugen, Fang von Greifvögel, Marabu und Tigerfischen und Zeckenbefall sind gravierende Todesursachen.
In Ost-, Zentral- und Westafrika, also auf voller Zugbreite, verlangen Vogeljäger im wahrsten Sinne des Wortes ihren Zoll. Doch diesen Zoll zahlt der Sympathieträger leider mit seinem Leben. Ist dies der Dank dafür, dass diese Millionen Rauchschwalben uns die Insektenplagen vom Leibe halten?
Es ist traurig, dass die Ehrfurcht vor dem Leben der Tiere immer mehr verloren geht. Ein altes spanisches Sprichwort lautet: „Wer eine Schwalbe tötet, wird seine Mutter umbringen“.
Bis vor einem halben Jahrhundert waren Rauchschwalben, früher auch Stallschwalben genannt, in Europa regelrechte Haustiere, die in Bauern- und Wohnhäusern in Fluren, Wohn- und Schlafzimmern brüteten. Seit Jahrhunderten hieß es in Deutschland, ein Schwalbennest am Haus bringe Glück und Segen, und nur ein schlechter Mensch sei fähig, es zu zerstören.

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