EIN BEWEIS FÜR DIE UNVOLLKOMMENHEIT DER NATUR?
Gelbschnabeltoko
Fotos und Text
von Stefan Rust
2013
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Tockus leucomelas
Steckbrief
Namen: Tockus leucomelas (Lateinisch) / Southern Yellow-billed
Hornbill (Englisch) / Geelbekneushoringvoel (Afrikaans)
Familie: Nashornvögel
Verbreitung: Afrika südlich des Äquators
Lebensraum: Baumbestandene Savanne
Größe: 50-60 cm
Gefieder: Dieser mittelgroße Vogel mit langem
gelbem Schnabel, langem Schwanz und breiten Flügeln hat ein schwarz, weiß,
graues Gefieder, bei den Geschlechtern gleich.
Stimme: Rauhe, glucksende Rufe
Nest: Natürliche Baumhöhle.
Brutzeit: Januar - April
Nahrung: Insekten, kleine Tiere, Früchte und Saat.
Besonderes
Die Eier werden
in eine natürliche Baumhöhle gelegt, deren Eingang dann vom sich in der Höhle
befindenden Weibchen mit vom Männchen Schnabelweise herangebrachten Lehm und
Exkrementen bis auf einen schmalen senkrechten Schlitz verschlossen wird. Auf
diese Weise gut geschützt vor Feinden wie Pavian und Schlange, bebrütet sie die
Eier und wird vom Männchen mit durch den Schlitz gereichter Nahrung gefüttert.
Sind die Küken halberwachsen, durchbricht das Weibchen die Lehmmauer und
Männchen und Weibchen beliefern die Küken mit Baumaterial welche sich dann
selbst zumauern mit dem für die Fütterung notwendigen Schlitz frei lassend.
Erst wenn sie flügge sind brechen sie die Versiegelung wieder auf.
Da das Weibchen
während der Brutzeit vollständig von ihrem Partner abhängig ist vergewissert
sie sich vorerst der Treue und Vitalität ihres Partners indem sie das Männchen
vor Eiablage und Mauser erst einem von ihr veranlassten Treuetest unterzieht.
Wohl schon eingemauert prüft sie in den ersten etwa 5 Tagen ob ihr Partner sie
auch tatsächlich mit Futter beliefert. Scheitert er bei dieser Prüfung, so
hackt sich das Weibchen wieder frei und ist gerettet.
Ist das Weibchen
mit den Prüfungsergebnissen zufrieden, schreitet sie, zugemauert wie in einem
Verlies, zur Eiablage und die Brutzeit effektiv nutzend, beginnt bei ihr die
Totalmauser. Soviel zum Multitasking Talent der Frauen, schon in der Tierwelt
zu beobachten.
In
Baumhöhlennestern birgt die Unhygiene einen hohen Kükenverlust. Aber auch hier
hat der schlaue Vogel sich was einfallen lassen. Um die Hygiene im Nest zu
gewährleisten, werden Tausendfüßler genutzt. Nicht nut werden Leibstücke von
Tausendfüßlern in die Betonmischung eingearbeitet sondern das Männchen reicht
dem Weibchen zu Beginn der Brutzeit einen Tausendfüßler durch den Schlitz. Das
Weibchen zerquetscht ihn und verteilt das Sekret säuberlich auf dem Nestboden.
Diese Flüssigkeit hat eine Desinfektionswirkung.
Das Multitasking
des Weibchens, sich während der Brutzeit gleichzeitig einer Vollmauser zu
unterziehen, führt zu einer bei den Vögeln etwas seltener vorkommenden und
somit auch seltener bekannten Art der Mauser. Hierbei mausern sich die beiden
Geschlechter einer Art zu unterschiedlichen Zeiten. Denn würde sich das
Männchen gleichzeitig wie das Weibchen mausern, könnte der Partner seine
Partnerin nicht verpflegen. Also mausert sich das Männchen erst später.
Der Schnabel des
Gelbschnabeltoko ist wie bei allen Nashornvögeln und Tukanen groß und
unglaublich leicht. Auch sind diese überdimensional groß wirkenden Schnäbel bei
der Essensbeschaffung eine große Hilfe, so standen Forscher lange Zeit vor
einem Rätsel. Alleinig für die Essensbeschaffung ist ein Schnabel in diesem
Format nicht nötig. Und weil man keinen ausschlaggebenden Grund für solch
überdimensionalen Schnäbel fand, standen diese Vögel als Exemplar für die
Unvollkommenheit der Natur dar. Nicht wenige Forscher bezeichneten die Natur
anhand der “unnötig” großen Schnäbel dieser Vögel als verschwenderisch, sie
gehe verschwenderisch mit Materialien um. Selbst namhafte Naturforscher wie
Georges Louis Marie Leclerc, Comte de Buffon, Mitte des 18. Jahrhunderts,
meinte die unnützen Schnäbel stünden exemplarisch für die zahlreichen Fehler
der Natur. Bei den Tukanen vermutete beispielsweise Alexander von Humboldt mit
den Schnäbeln ein Gerät zum Fischfang.
Die
ausschlaggebende Funktion dieser Sandwich-Schnäbel brachte vor wenigen Jahren
der kanadische Physiologe Glenen Tattersall ans Licht. Die monströsen Schnäbel,
reich mit Blutgefässen ausgestattet, dienen dank ihrer großen Oberfläche als
genau regulierbares Organ zur Kontrolle der Körpertemperatur.
Die Natur ist
also doch vollkommen und sind es nicht eher die Menschen die wir begriffsstutzig
oder unverständlich für die Vollkommenheit der Natur sind?
Vielleicht dient
das Markenzeichen des Gelbschnabeltoko, der hübsche gelbe Schnabel, diesem
interessanten Tier auch als Thermometer.
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