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VIERZEHN TAGE UNTER TURMFALKEN
VIERZEHN TAGE UNTER TURMFALKEN
Familie Falke in der Von Falkenhausen Straße
Text von Stefan Rust
2013
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Birgit, Thalia
und Nino gebührt mein besonderer Dank. Die gemeinsamen Spaziergänge und Fahrradfahrten haben meine Begegnung mit den Turmfalken herbeigeführt und waren
Ansporn zu diesem Projekt.
Inhaltsverzeichnis
Ein Plan zur
Beobachtung der Turmfalken
Steckbrief
Bei einer Kirche
zuhause
Die flüggen Falkenkinder
Die Jagd
Immer wieder
Körperpflege
Gefiederte
Nachbarn
Interessierte
Anwohner
Datenauswertung
und Schlussfolgerung
Ein Plan zur Beobachtung der Turmfalken
Weihnachten stand
vor der Tür und dies bedeutete für meine Berufssparte, Gästeführer, eine etwas
ruhigere Zeit. Also war ich längere Zeit zuhause und regelmäßig unternahmen wir
Spaziergänge und Radfahrten, meistens am späteren Nachmittag sobald die
Temperaturen Außenaktivitäten erlaubten. In der Von Falkenhausen Straße
wohnend, führte der weg uns häufig an einer Kirche vorbei. An diesem
Kirchengebäude residierte ein Turmfalkenpärchen. Kamen wir an dieser Kirche
vorbei, dann glitt unser Blick suchend an dem Kirchengebäude entlang, bis wir
sie meistens auf dem Kirchturm sitzend entdeckten.
Nino und ich
fuhren immer öfter eben mal zur Kirche nur um nach den Turmfalken zu schauen.
Ninos Begeisterung an der Vogelwelt war beachtlich. Meinerseits ist die
Vogelkunde seit Kindesjahren an meine Leidenschaft. Das Gefühl der
unmittelbaren Nähe mit freilebenden Vögeln begeisterte mich schon damals so
stark, dass sicherlich der Eine oder Andere dieses vermeintlich ziellose in der
Natur Umherstrolchen mit Sorge verfolgte.
Doch erwies sich
dieses frühe Vagabundieren als nützlich, als ich mich im späteren Leben als
Gästeführer im südlichen Afrika betätigte und auch wo immer möglich
vogelkundliche Reisen leitete und im Vogelschutz aktiv wurde.
An dem Tage als
wir plötzlich vier Falken an der Kirche entdeckten und wir die weiteren zwei
als die Nachwuchs des uns bekannten Pärchens identifizieren konnten, keimte in
mir eine Idee.
Einige
Vorbereitungen mussten getroffen werden. Mein kurz zuvor beschädigtes Spektiv
musste ersetzt werden. Zusätzlich benötigte ich ein meiner Körpergröße
entsprechendes Stativ für das Spektiv, ein Fernglas mit einer guten
Vergrößerungsstärke, Notizbuch und Stift.
Nachdem ich den
Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern der Turmfalken recherchiert und
mir eingeprägt hatte, standen Nino und ich am 30. Januar 2013 zum ersten Mal an
einer strategisch günstigen Stelle und begannen mit der einstündigen intensiven
Beobachtung der Falken. Zu zweit war dieses Falkenprojekt um einiges einfacher.
Einer konnte durch Spektiv und Fernglas die Aktivitäten der Falken beobachten
und erläutern und der Andere konnte die Beobachtungen notieren. Leider konnte
Nino nicht täglich dabei sein. Alleine war diese vierzehn Tage jeweils eine
Stunde dauernde Forschung dennoch möglich, wenn auch mühsamer.
Das Ziel dieses
Projektes war, durch planmäßige Beobachtungen einen genauen Einblick in die Lebensweise
dieser mit den unlängst flügge gewordenen Turmfalken Familie zu erhalten.
Steckbrief
Die Verbreitung
des Turmfalken (Rock Kestrel / Falco rupicolus) beschränkt sich auf die südliche Hälfte Afrikas.
Die art um den sich diese Geschichte handelt darf jedoch nicht mit dem in
Europa bekannten Turmfalken (Common Kestrel / Falco tinnunculus) verwechselt werden. Irreführenderweise
haben beide Arten in der deutschen Sprache denselben Namen.
Turmfalken gelten
als Rekordhalter im Rütteln, währenddessen diese geschickten Jäger Ausschau
halten nach Vögeln, Insekten, wirbellosen Tieren und kleinen Säugetieren. Beute
wird mit den Krallen ergriffen. Der 30-34cm große Turmfalke jagt auch von
Warten aus.
Sein Lebensraum
ist vielfältig, meistens jedoch gern in der Nähe felsigen Geländes. In
menschlichen Siedlungen akzeptiert er häufig höhere Betonmauern als
Felsenersatz.
Ihr Nistplatz
befindet sich in Felsen, Gebäudenischen oder in Baumnestern anderer Vogelarten.
Das Weibchen legt zwischen 1-6 Eier in der Zeit September bis Januar. Nach
26-32 Tagen Brutzeit schlüpfen die Küken. Das Brutgeschäft wird fast
ausschließlich vom Weibchen erledigt. Nach etwa 30-36 Tagen sind die Jungvögel
flügge und verlassen das Nest. Vier Wochen nach dem Ausfliegen sind sie
selbstständig.
Bei einer Kirche zuhause
Von einem
Anwohner erfuhr ich dass dieses Falkenpärchen an dieser Nederlandse
Gereformeerde Kerk Pionierspark in der Von Falkenhausen Straße schon seit
einigen Jahren lebt. Diese große Kirche bietet ihnen künstliche Felsen als
Lebensraum. Es ist erstaunlich wie schnell sich Vögel anpassen können. Erst im
Jahre 1981 wurde dieses Kirchengebäude eingeweiht und schon ist dieses
Falkenpärchen hier eingezogen.
Im Gegensatz zu
natürlichen Felsen herrscht hier ein reger Fahrzeug- und Menschenverkehr auf
den Straßen und den Grundstücken um die Kirche. Anstatt natürlichen Bodens gibt
es hier Asphalt-, Beton- und Pflastersteinböden. Zu gewissen Tageszeiten ist
die Luft mit Verkehr-, Menschen- und Baulärm geschwängert.
Trotz dieses recht
naturentfremdeten Zustands haben sich die beiden Turmfalken diese Gegend als
ihr Zuhause auserkoren.
Aber der Schein
trügt. Dieses Kirchengrundstück mit seinem Umfeld birgt ein Paradies für
Familie Falke, eine ergiebige Futterquelle, ideale Nistmöglichkeiten in den
Mauernischen und hervorragender Ausguck vom hohen Kirchenturm. Dieser Teil
Windhoeks serviert ihnen Mäuse, Eidechsen, Gartenvögel und natürlich auch
Insekten in den Gärten.
Wie
anpassungsfähig und klug diese Turmfalken sind, führte mir das Männchen vor
Augen indem es sich in kühleren Nächten die nachts leuchtende Straßenlampe als
Schlafplatz aussuchte und durch die abstrahlende Wärme eine angenehme
Nachttemperatur hatte.
Die flüggen Falkenkinder
Die Falkenkinder
wuchsen bei genügend Futter gut auf. In der Kinderstube trainierten sie fleißig
ihre Flügelmuskulatur.
Eines Tages fiel
ein Junges beim Drängeln während der Fütterung aus dem Nest und wurde von einer
tierlieben Menschenfamilie in der Nachbarschaft per Hand gefüttert und
großgezogen. Als es flügge war gesellte es sich wieder zu seinem
Geschwisterchen und beide wurden von den Falkeneltern weiter gefüttert.
Eines späten
Nachmittags setzte Geschrei ein. Ich wurde Zeuge eines Flugunterrichts. Mutter
Falke flog voraus und lockte mit eindringlichen Fiepstönen. Mit viel Geschrei
folgten ihr die beiden Jungvögel und hoch und höher führte Mama ihre Kinder
spiralenförmig in die Lüfte. Das Gezeter der Falkenkinder klang in etwa wie:
„Mama, muss dieser Stress sein?“
Die Jagd
Aufregung pur!
Das Thermometer kletterte auf 36 Grad Celsius und ich stand im Schatten, durch
mein Spektiv das Altvogelmännchen beobachtend. Es saß im angenehm kühlen
Schatten eines in einem benachbarten Garten wachsenden Jakarandabaums und döste
vor sich hin. Bei dieser warmen Tageszeit und dem Verhalten des Falkenmännchens
nach zu urteilen, dachte ich würde diese Beobachtungsstunde nicht sehr
interessant werden.
Doch dann geschah
es. Urplötzlich fixierte er etwas und wippte zweimal mit dem Kopf auf und ab.
Der soeben noch dösende Greifvogel streckte seine Flügel, kotete noch im
Absprung, flog wie ein Pfeil blitzschnell einen unweit von seiner Sitzwarte
befindenden Ast an und landete wieder auf einem weiteren dickeren Ast. Alles
geschah so schnell dass ich im ersten Moment gar nicht begriff worum es ging
und erst als ich den Vogel durch das Spektiv wieder im Visier hatte wurde mir
alles klar.
Vor meinen Augen
hatte sich eine Jagd abgespielt, es ging um Leben und Tod. Eine sich in
Sicherheit wägende Senegaltaube hat sich unbesorgt im selbigen Baum in dem sich
der Jäger befand niedergelassen. Sie bot sich dem Beutegreifer wie auf einem
Serviertablett an. Hier konnte ein Vater Falke mit zwei immer hungrigen Kindern
nicht widerstehen.
Fein säuberlich
rupfte er die anscheinend schon beim Ergreifen gestorbene Beute, trennte ihr
den Kopf ab und begann die Eingeweide, an Spagetti erinnernd, mit seinem
tödlichen Hakenschnabel aus dem Leib zu ziehen und zu verzehren. Mit seinen
kräftigen Krallen stemmte er die Taube derweil auf den Ast.
Abrupt
unterbricht er das Fressen, fiepst aufgeregt, greift den Beuterest mit seinem
Schnabel auf und hüpft den Ast höher hinauf. Dort angelangt wechselt er die
Beute in die Krallen und fliegt ab. Seinen Flug mit meinem Fernglas verfolgend
beobachte ich wie er zur Kirche fliegt und auf dem Kirchendach landet. Hier
wird er freudig fiepsend von einem der Jungvögel begrüßt und Papa Falke
überreicht ihm die Beute mit der er auch sofort flüchtet. Es wirkt so als denkt
er: „Weg mit meinem Fraß bevor Papa es sich doch noch anders überlegt.“
Immer wieder Körperpflege
Federn sind
Vögeln so wichtig wie vergleichsweise uns Menschen unsere Beine. Wie der Mensch
sich mit seinen Beinen, so kann der Vogel sich nur dank seiner Federn
fortbewegen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wie viel Zeit die von mir
beobachteten Turmfalken mit Gefiederpflege verbringen. Für einen perfekten Flug
müssen die Federn gut übereinander liegen. Der geschmeidige Luftfluss über die
Flügelfedern und den gesamten Körper darf auf keinen Fall durch irgendwelche
Unebenheiten beeinflusst werden. Dann würden Turbulenzen entstehen und die
Effektivität des Fluges negativ beeinflussen oder im schlimmsten Fall den Vogel
sogar zur Flugunfähigkeit zwingen.
Ist der Turmfalke
gelandet, muss er möglichst häufig seine Federn „warten“, denn von ihnen ist
sein Leben abhängig.
Dass die
Turmfalken sich gern baden, dies mit einer wahren Wonne tun, konnte ich nach
einer regenreichen Nacht beobachten. In der Regenrinne der Kirche hatte sich
etwas Regenwasser gesammelt. Hier badete sich einer der Jungvögel ausgiebig.
Immer wieder benässte er seine Federn indem er flügelschlagend in der Pfütze
stand und abwechselnd auch seinen Kopf ins Wasser tauchte. Durch das
Flügelschlagen spritzte er das Wasser auf und erzeugte einen Duscheffekt.
Anständig nass fing er dann behutsam an seine Federn zu kämmen. Einzeln zog er
seine Federn durch seinen Schnabel. Dies Baden, Kämmen der Federn und dem
anschließenden Schütteln des Körpers, dient der Ordnung der Federn und
zusätzlich der Befreiung von Läusen, Flöhen, Zecken und sonstigen Parasiten.
Aber selbst die beste Pflege kann den Verschleiß der Federn nicht ewig
verhindern. Deshalb mausert sich ein Vogel wobei die Federn durch neue ersetzt
werden.
Gefiederte Nachbarn
Während der vielen
interessanten Stunden die ich im Garten und in der Umgebung der Kirche zur
Beobachtung der Familie Turmfalke verbrachte, hatte ich ebensoviel Spaß bei der
Entdeckung der gefiederten Nachbarn der Turmfalken.
Als Städter
achtet man im Getriebe der Stadt und in der Hektik des Alltags nicht so
besonders auf die Vogelwelt bei dieser Kirche. Spatz und Taube wird wohl noch
erkannt aber alle anderen sind nur Vögel und zwitschern.
Vom Autoverkehr
umtost stolziert die Kapstelze (Cape Wagtail / Motacilla capensis) über den Rasen der Kirche und macht sich
nützlich indem sie Raupen aus dem Rasen zieht und frisst.
In den
Verkehrslärm mischt sich plötzlich ein „di-di-di-diderick“ Ruf. Mit
smaragdgrünem Federkleid saust auch schon der Erzeuger des Rufes um den
Kirchturm, der Diderikkuckuck (Diderick Cuckoo / Chrysococcyx caprius).
Mit
atemberaubender Geschwindigkeit jagen die Afrikanischen Palmensegler (African
Palm-Swift / Cypsiurus parvus) mit ihren sichelförmigen Flügeln hoch oben über der Kirche nach Insekten.
Haussperlinge
(House Sparrow / Passer domesticus) sind schon seit Jahrhunderten Bewohner menschlichen Siedlungen und haben
sich perfekt an den Stadtdschungel angepasst, so auch hier in Windhoek.
Nilgänse
(Egyptian Goose / Alopochen aegyptiaca) flogen mehrmals über die Kirche hinweg. Hier bei
uns beginnen sie erst jetzt den Lebensraum von Windhoek zu erobern.
Eines
Sonntagmorgens freute ich mich den hübschen Rotbrustnektarvogel
(Scarlet-chested Sunbird / Chalcomitra senegalensis) an einem Strauch mit Blüten zu sehen, als er
damit beschäftigt war mit seinem langen leicht nach unten gebogenen Schnabel
Nektar aus einer Blüte zu fressen.
Als ich einmal
die Kirche früh morgens auf der Suche nach meinen Falken umrundete, entdeckte
ich in einem dichten Strauch einen Grauschnäpper (Spotted Flycatcher / Muscicapa
striata). Mit einer
Körpergröße von nur 14,5cm kann er dennoch ein stolzes Alter von 11 Jahren
erreichen. So klein er auch ist, bewältigt er die Strecke vom südlichen Afrika
bis nach Europa als Langstreckenzieher.
Wo an vielen
anderen Stellen in Windhoek die hohe Senegaltaubendichte den sozialen Stress
durch Kämpfe um günstige Nistplätze erhöht, hält sich in diesem Lebensraum der
Turmfalkenfamilie die Zahl der Senegaltauben (Laughing Dove / Streptopelia
senegalensis) im
Gleichgewicht. Hier müssen sich die Senegaltauben vor den Falken in Acht
nehmen, das heißt die Taubenpopulation wird von den Greifvögeln in Schach
gehalten.
Ein weiterer
gefiederter Nachbar der Familie Turmfalken ist ein Paar Akaziendrossel
(Groundscraper Thrush / Psophocichla litsitsirupa). Sie haben vor noch nicht allzu langer Zeit
Windhoek als neuen Lebensraum entdeckt und breiten sich allmählich aus.
Gelegentlich
wagen sich Schmarotzermilane (Black Kite / Milvus migrans) in die Nähe der Kirche, werden dann
jedoch vehement vom Weibchen der Falken im Flug vertrieben.
Als eines Tages
eine von ihrer Reise sichtlich erschöpfte Brieftaube (Rock Dove / Columba
livia), hechelnd auf dem
Kirchturm eine Rast einlegte, erschien kurze Zeit später auch wieder das Weibchen
und flog wie tollwütig auf die erschöpfte Taube zu. Erschrocken und mit
knallenden Flügelschlägen ergriff diese die Flucht.
Die Turmfalken
betrachten die Kirche und das angrenzende Gebiet als ihr Territorium und
vertreiben alle größeren in Brut- und Futterkonkurrenz stehenden Vogelarten.
Die Betonung
liegt auf große Vogelarten. Den kleinen Rostschwanzschmätzer (Familiar Chat / Cercomela
familiaris), der auch
Nischen und Ähnliches als Brutplatz nutzt, lassen sie in Frieden.
Sogar der
Wiedehopf (African Hoopoe / Upupa africana) brütet in der Nachbarschaft. Sein monotones
„huphup huphup“ verrät ihn. Wegen des Gestankes der während der Brutzeit aus
seinem Baumhöhlennest strömt, nannte man ihn früher in Deutschland den
Stinkhahn.
Günstige
Nahrungsangebote und attraktive Nistmöglichkeiten an und um der Kirche zogen
auch den Paradiesschnäpper (African Paradise-Flycatcher / Terpsiphone
viridis), Europäischen
Bienenfresser (European Bee-eater / Merops apiaster), Rosenpapagei (Rosy-faced Lovebird / Agapornis
roseicollis), bergstar
(Pale-winged Starling / Onychognathus nabouroup), Weißrückenmausvogel (White-backed Mousebird / Colius
colius), Maskenbülbül
(African red-eyed Bulbul / Pycnonotus nigricans), Schildrabe (Pied Crow / Corvus albus), Rotzügelmausvogel (Red-faced Mousebird
/ Urocolius indicus),
Große Streifenschwalbe (Greater Striped Swallow / Hirundo cucullata), Angolagirlitz (Black-throated Canary / Crithagra
atrogularis), Felsentoko
(African Grey Hornbill / Tockus nasutus) und den Mauersegler (Common Swift / Apus apus) an.
Alle diese
gefiederten Nachbarn der Turmfalken ließen mich das konzentrierte Beobachten
der Falken leichter ertragen.
Es war auffallend
dass diese Nachbarn ihre Scheu weitgehend ablegten sobald die Turmfalken sich
nicht bei der Kirche befanden. Waren sie Vorort, waren diese Vogelarten viel
weniger zu sehen und zu hören.
Interessierte Anwohner
Einige Anwohner
haben dieser Turmfalkenfamilie in irgendeiner Weise geholfen oder zeigten
Interesse an meiner Arbeit. Eine Familie rettete einen aus dem Nest gefallenen
Jungvogel, zog ihn mit der Hand groß und entließ ihn dann wieder zurück in die
Freiheit, zurück zu seiner Familie.
In einem anderen
Fall half die Köchin der Kirche einem Falken den Weg aus der Küche zu finden
nachdem dieser sich während einer Verfolgungsjagd eines kleineren Vogels in die
Küche verflog weil der Verfolgte vor lauter Panik da hinein flog.
Andere Anwohner
wiederum wurden durch mein zweiwöchig täglich einstündiges Beobachten
neugierig. Häufig wurde ich gefragt was ich wohl tue und so kam ich ins
Gespräch mit einem Fahrradfahrer, Passanten und Autofahrer.
Zwei Herren, in
arabischer Wäsche gekleidet, hielten eines Mittags mit ihrem Wagen ganz in der
Nähe meines Beobachtungsplatzes. Ich sah ihnen an dass sie vor Neugier hätten
platzen können. Aber um ihre Neugier zu verbergen sagte der Beifahrer dass sein
Sohn ihn gebeten hätte ausfindig zu machen was ich hier tue und er dem Sohn
versprochen hätte nachzufragen. Dies mochte sicherlich stimmen aber es war
nicht zu übersehen dass der Vater mindestens genauso neugierig war um was es
sich hier handelt. Natürlich berichtete ich ihnen über Familie Turmfalke,
hoffte aber gleichzeitig dass sie nicht versuchen würden die Falken zu fangen
da mir bewusst ist dass Araber gerne Falken fangen und sie für die Falknerei
ausbilden.
Das Interesse der
Anwohner führte mir wieder zu Bewusstsein wie viel Menschen doch auf die eine
oder andere Art und Weise an der Vogelwelt interessiert und beteiligt sind.
Datenauswertung und Schlussfolgerung
Meine
Beobachtungen ergaben interessante Zahlen. Von 14 Stunden (840 Minuten)
Tageszeit die den Falken zur Verfügung standen verbrachten sie im Schnitt
berechnet 8,5 Stunden (500 Minuten) mit Gefieder- und Körperpflege. Drei
Fünftel, also 60% ihrer Tageszeit, investierten sie in Feder- und Körperpflege.
Diese Berechnung betont die Wichtigkeit ihrer Federn. Weitere 3 Stunden
verbrachten sie mit Jagd und Fütterung oder selber fressen und die letzten 2,5
Stunden der zur Verfügung stehenden Tageszeit nutzten sie zum Ruhen.
Wie häufig hören
oder sagen wir: Ein Tier (Vogel) tut kaum etwas anderes außer fressen und schlafen?
Vielleicht noch etwas Sex zwischendurch.
Mit solch einer
intensiven Beobachtung wird einem erst bewusst wie komplex das Leben solch
eines Tieres in Wirklichkeit ist und man fragt sich ob diese Behauptung nicht
vielleicht eher auf den Menschen zutrifft – essen und schlafen. Dies münze ich
eher auf die Bequemlichkeit mit der wir heutzutage leben. Wir sind
beispielsweise nicht mehr den Risiken der Jagd wie im Beispiel der Falken
ausgesetzt. Wir haben wohl klimatisierte Räumlichkeiten, nicht so die wilden
Tiere. Wir lassen uns behandeln im Falle von Verletzungen oder Krankheiten,
nicht so die Tiere. Gäbe es in unserem Leben keine Medizin und Ärzte, dann würden
auch wir bestimmt 60% unserer Tageszeit in Körperpflege investieren um gesund, arbeitsfähig (erwerbsfähig) und wettbewerbsfähig zu bleiben.
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