280
Art. # 280
EINST HEILIG UND VEREHRT, HEUTE AUSGESTORBEN
Heiliger Ibis
Text und Foto von Stefan
Rust
2014
(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to
Stefan Rust)
Threskiornis
aethiopica
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Steckbrief
Namen: Threskiornis aethiopicus (Lateinisch) / African Sacred Ibis
(Englisch) / Skoorsteenveer (Afrikaans)
Familie: Ibisse - Threskiornithidae
Verbreitung: Afrika südlich Sahara, Irak
Lebensraum: Flache Gewässer
Größe: 85-89 cm
Gefieder: Schwarzweißes Gefieder
Stimme: Tiefer, grunzender Lärm in den Kolonien
Nest: Dünne Plattform aus Zweigen mit feinerem
Material ausgekleidet im Schilf, manchmal auf Bäumen
Brutzeit: Oktober - April
Nahrung: Larven von Wasserinsekten, Krebse,
Krabben, Heuschrecken, Würmer und Käfer
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Als Zeichen
der Fruchtbarkeit
Der Heilige Ibis
ist in Afrika weit verbreitet. Sogar in Europa haben Vögel dieser Art aus
Gefangenschaft in letzter Zeit verschiedene Kolonien gegründet und sich rasant
vermehrt. Das hierbei entstehende Problem ist ihr gewaltiger Appetit: Fast
alles was in ihren Schnabel passt wird gefressen. Als ausgesprochener
Nahrungsopportunist sind das Kröten, Reptile, Fische, Krebstiere, Insekten,
Schnecken und andere Wirbellose sowie gelegentlich auch Aas. Sogar Müllhalden
werden regelmäßig nach Fressbarem durchforscht. Aber nicht nur diesem bedient
er sich als Nahrung sondern an der Küste kann er sich auch auf Eier und
Nestlinge von Seevögeln spezialisieren. In Südafrika ist er ein größerer Feind
der Kapkormorane als die Dominikanermöwe. An der französischen Atlantikküste
hat man den als Bedrohung besonders für Seeschwalbenkolonien betrachteten
Heiligen Ibis zu dezimieren begonnen.
In Afrika gelten
Heilige Ibisse als Teilzieher, die zur Regenzeit vom Äquator wegziehen. Während
des Zuges formatieren sie sich kräftesparend, indem sie die Aufwinde des voran
fliegenden nutzen. Da die Flügelschläge dabei genau synchron verlaufen, ergibt
sich so eine große Welle von der Spitze bis zum Ende des Vogelzugs. So glaubt
man vom Amerikanischen Weißen Ibis, dass er imstande sei, die mächtigen Winde
eines Hurrikans auszubalancieren. Daher stammt das Sprichwort in Florida, dass
der Ibis als letzter und auch als erster Vogel vor und nach einem Hurrikan zu
sehen ist.
Im Altertum zogen
die Ibisse bis nach Ägypten, gerade zu der Jahreszeit da der Nil über die Ufer
trat. Diesen Massenanflug brachten die alten Ägypter mit der derzeitigen
überlebensnotwendigen Nilüberschwemmung in Verbindung und veranlasste sie daher
die Ibisse als heilige Vögel zu verehren. Eine weitere Erzählung aus der
Hieroglyphenschrift überliefert die Geschichte, dass mit dem Frühling
geflügelte Schlangen nach Ägypten geflogen kamen, diese aber von ihnen entgegen
ziehenden Vögeln, der Ibisse, an dem zu durchquerenden Pass nicht durchließen
und sie tot bissen. Dies, sagen die Araber, bestätigt von den Ägyptern, sei der
Grund weshalb der Ibis bei den Ägyptern so in Ehren stehe.
Die Annahme, dass
es sich hierbei um den Heiligen Ibis handelt, sei, so laut Experten, ein
Missverständnis. Tatsächlich dürfte der heilige Ibis der Altägypter der
Waldrapp oder Schopfibis gewesen sein, welcher in antiker Zeit noch in Ägypten
lebte und erst viel später durch den Heiligen Ibis verdrängt wurde. Im Historia
Animalium von Konrad
Gesner ist vermerkt, dass der Waldrapp bis ins 16. Jahrhundert auch in den
Gebirgen Europas, beispielsweise in den Alpen, weit verbreitet war. Um welche
Art es sich nun tatsächlich handelte ist jedoch nicht belegbar.
Sogar im
christlichen Glauben tauchen Ibisse auf. Hier symbolisiert der Ibis Hingabe,
Moses bediente sich der Hilfe dieses Vogels im Kampf gegen die Äthiopier. Auch
war es der Klugheit eines Ibis, der Noah, nachdem seine Arche auf dem Berg
Ararat nach der Sintflut landete, folgte. Der Ibis führte ihn zu den Ufern des
Euphrat, wo sich Noah mit seinem Gefolge ansiedelte. Seitdem gilt der Ibis im
christlichen Kulturkreis als Zeichen der Fruchtbarkeit und in der Gegend von
Birecik wird der Ibis seitdem mit jährlichen Festen verehrt.
In der
Ägyptischen Kosmologie spielte der Ibis auch eine wichtige Rolle. Als Symbol
für die Seele und für die Fruchtbarkeit geltend und wegen seinem wie der Mond
sichelförmig gebogenen Schnabel repräsentierte der Ibis den Mond und war den
Mondgöttern Isis und Thoth geweiht. In lebender Form galt der Ibis als
Inkarnation Thoths. Thoth galt auch als Gott des Wissens, der Sprache, der
Schrift, der Mathematik, der Zeit, der Magie und der Mysterien und wurde als
Ibis-köpfige Figur dargestellt. Der Ibis symbolisiert diese positiven Attribute
dieses ägyptischen Gottes.
Als ein an Wasser
gebundener Vogel haben solche im verborgenen, unzugänglichen Schilfdickicht
nistende „Sumpfvögel“ oft etwas mystisches und geheimnisvolles an sich und ist
es daher nicht verwunderlich dass das Nest im Sumpf als Sinnbild für den Anfang
der Welt betrachtet wird und dass in der ägyptischen Mythologie ein Ibis das
kosmische Ei auf dem Urhügel ablegte.
Spirituelle
Menschen stattet das Krafttier Ibis mit Würde und einem großen Wissensschatz
aus und stimuliert sie mit Ausdruckskraft in der Kunst und Schreibkunst.
Ausgerechnet in
Ägypten, wo man den Heiligen Ibis einst aufgrund seiner Verkörperung des
Weisheitsgottes Thoth im alten Ägypten verehrte, ist diese auf zahlreichen
Wandgemälden und in Hieroglyphen verewigte Vogelart heutzutage ausgestorben.
Vielleicht führte diese Verehrung zum Aussterben dieser Art in Ägypten, denn
allein in einer Kultstätte in Sakkara haben Archäologen rund 1,75 Millionen als
Weihgeschenk mumifiziert bestattete Vögel gefunden. Diese aufwendige
Mumifizierung ging sogar soweit, dass die einbalsamierten Mägen dieser Vögel
mit Vogelfutter gefüllt wurden. Weil der Hauptkultort des Thot in Hermopolis
lag, ist es nicht verwunderlich, dass vor allem dort die bedeutenden
Bestattungsorte waren, unter anderm Sakkara, Ombos, Dendera, Kanopus und
Theben. Es wurden jedoch Ibisse in großer Zahl in Aufzuchtstätten gehegt um sie
später in mumifizierter Form zu opfern. Möglicherweise hat das Aussterben aber
auch andere Ursachen, Bejagung, Landschaftszerstörung. Liegt im Verschwinden
der Ibisse aus Ägypten vielleicht eine der Ursachen der in der Bibel
geschilderten Heuschreckenplage, wissend dass sich der Ibis zumeist von
Heuschrecken und anderen Insekten ernährt?
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