Tuesday, 16 May 2017

254 | PENIS FÜHRT ZU RUHM - BÜFFELWEBER

254


Art. # 254

PENIS FÜHRT ZU RUHM

Büffelweber

Text von Stefan Rust
Fotos von Peter Pack und Stefan Rust
2014

(In terms of the Geneva Convention the copyright of these texts belong to Stefan Rust)

                         Männchen des Büffelweber Bubalornis niger                        Peter Pack

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Steckbrief

Namen: Bubalornis niger (Lateinisch) / Red-billed Buffalo-Weaver (Englisch) / Buffelwewer (Afrikaans)

Familie: Webervögel - Ploceidae

Verbreitung: Afrika, südlich der Sahara

Lebensraum: Bevorzugt trockene Baum- und Buschsavannen

Größe: 24 cm

Gefieder: Männchen haben schwarzes Gefieder mit weißen Federsäumen an den Flügeln und orangerotem Schnabel und Beinen. Weibchen haben ein etwas braunschwarzes Gefieder,

Stimme: Männchen ruft laut lookatit-lookatit-lookatit und das Weibchen ruft musikalisch chwee

Nest: Kuppelförmiges Gemeinschaftsnest aus Dornenzweigen

Brutzeit: September - April

Nahrung: Samen, Insekten und Früchte

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Vertreter der Little Five Afrikas

Diese größte Webervogelart des südlichen Afrika ist uns allen bekannt. Der Büffelweber Bubalornis niger ist nämlich eines der zu den „Little Five“ gehörenden Tiere.
Fast jeder kennt die berühmten Big Five Afrikas; Elefant, Löwe, Leopard, Büffel und Nashorn. Die Wahl dieser Tiere, noch aus der Zeit der unkontrollierten Jagd stammend, bezog sich auf den Schwierigkeitsgrad der Jagd dieser betroffenen Tiere, nicht derer Größe wie häufig vermutet.
Heutzutage kennt auch jeder das kleine Pendant zu den Big Five, nämlich die Little Five. Diese Fünf Kleinen Afrikas werden, ebenso wie bei den Big Five, nicht anhand ihrer Größe innerhalb der kleinen Tierwelt bestimmt, sondern verdanken ihre Wahl als Mitglied der „Little Five“ ihrem Namen. Als Namensvetter, in Englischer Sprache, der Big Five, sind hierbei folgende Kleintiere betroffen: Büffelweber (Red-billed Buffalo-Weaver), Pantherschildkröte (leopard tortoise) oder auch Leopardenschildkröte genannt, Elefantenspitzmaus (elephant shrew), Riesenkäfer (rhinoceros beetle) oder auch als Nashornkäfer bezeichnet und Ameisenjungfer (ant lion), auch als Ameisenlöwe bekannt.
Die Zusammenstellung der Little Five entstammt der Idee, den Fokus des Menschen auch auf kleinere Lebewesen zu richten und ein Bewusstsein dessen zu bewirken. Wie erfolgreich diese Bemühungen sind bezeugt die Tatsache dass heutzutage auf einer Afrika Safari diese Kleinen Fünf schon nicht mehr wegzudenken sind. Es ist das Ziel eines jeden Safari Teilnehmers nicht nur die Big Five sondern vor allem auch die Little Five zu sehen. Auf alle Fälle sind die Großen Fünf deutlich einfacher zu finden als die Kleinen Fünf und es benötigt einiges an Wissen, Können und Geschicklichkeit seitens des Reiseleiters, den Wunsch seiner Gäste zu erfüllen und ihnen diese interessanten Kleinen Fünf näher zu bringen.

Dornenzweige anstatt Stacheldraht

                                                                          Peter Pack

Die Männchen des Büffelwebers bauen ihre großen Gemeinschaftsnester in höchstmögliche stabile Bäume, Palmen und künstliche Strukturen. Bei dem natürlichen Angebot genießen aststarke im Wasser stehende Bäume äußerste Vorliebe, hier bietet das Wasser ersehnten Schutz vor Landräubern. Bei vom Menschen errichteten Strukturen stehen Windradtürme hoch im Kurs. Die klugen Tiere haben begriffen dass ihre Nester hier auch für Bodenlebende Feinde unerreichbar sind. Das häufige Vorhandensein von Wasser als Nahrungsmittel in der Nähe von Windrädern kommt natürlich als schwerwiegende Motivation noch hinzu. Aufgeklärte und fortschrittliche Farmer heißen Büffelweberkolonien mit deren Nestern auf ihren Ländern sehr willkommen, wissend dass sich diese Vögel insbesondere zur Zeit der Brut als nützliche Gehilfen in der Schädlingsbekämpfung bezahlt machen. Zecken werden beispielsweise mit Begeisterung verzehrt, ebenso Heuschrecken, Raupen und ähnliche Tierchen. Interessanterweise wurde beobachtet dass in der Nähe einer menschlichen Siedlung errichtete Nester vom Büffelweber verlassen werden nachdem Siedlungen menschenleer geworden sind. Vermutlich hängt das mit dem Versiegen der vom Menschen künstlich gestalteten Wasserstellen zusammen.

              
                                                                        Stefan Rust

Das Nestmaterial besteht überwiegend aus Dornenzweigen der Akazienbäume und auch größere Vogelarten wie Weißrückengeier, Gaukler und Nilgänse haben den Vorteil der Dornen erkannt, so kommt es vor dass sie ihre Nester auf dem Gesellschaftsnest des Büffelwebers bauen. In diesem Fall entsteht eine beidseitig begünstigende Situation; die Nester der Obermieter sind dank des Dornengestrüpps gut getarnt und geschützt und die Büffelweber erhalten von diesen von der Körpergröße betrachtet ihnen weit überlegenen Vogelarten Schutz gegen andere Greifvögel. Die Evolution bewegte die Büffelweber aus dreierlei Gründen dazu die Dornenzweige als Nestbaumaterial zu nutzen; Die geschickt ineinander verankerten Dornenzweige formen ein stabiles Gitter um zum einen der Größe und dem somit entstandenen Gewicht den nötigen Halt zu verleihen, des Weiteren dem Wind und Regen die Stirn zu bieten und drittens dienen die Dornen der effektiven Feindabwehr. Über die Zeit werden mehr und mehr Zweige hinzugefügt und vorsichtshalber werden diese Gesellschaftsnester an die gegenüberliegende Seite der vorherrschenden Windrichtung eines Baumes einer bestimmten Gegend gebaut, den Baum also als Windschutz nutzend. Ist ein Wanderer sich dieses Brauches der Büffelweber bewusst und kennt er die vorherrschende Windrichtung der Gegend, so kann er an windstillen Tagen die Nester als Orientierungshilfe nutzen. Nicht selten kommt es zum Diebstahl der Dornenzweige unter benachbarten Männchen um die eigenen Nestkammern mit dem Diebesgut zu verstärken. Die zuständige Bautruppe eines Gemeinschaftsnestes, bestehend aus einer Gruppe Männchen, verbaut die Dornenzweige zu einem großen Dornengestrüpp in dessen Innerem sich Kammern mit jeweils eigenem Eingang befinden. Die Gestrüppgröße und Anzahl der Kammern ist von der Koloniegröße abhängig. Zur Paarungszeit beanspruchen die Männchen der Bautruppe unterschiedliche Nestkammern. Bei diesen Männchen herrscht eine Hierarchie bei der das dominante Tier die erstklassigen und meisten Kammern beansprucht. Die von einem Männchen beanspruchten benachbarten Kammern werden als je eine Burg innerhalb des riesigen Dornengestrüpps bezeichnet. Die einzelnen Männchen werben dann um Weibchen mit dem Ziel, eine jede von ihnen beanspruchte und vehement gegen die anderen Männchen verteidigte Burgkammer mit jeweils einem Weibchen zu besetzen. Bei der Burgverteidigung unterstützen die Weibchen ihren Burgherrn indem jedes Weibchen die ihrige Kammer gegen Burgfremde Artgenossen verteidigt. Und Dank der Weibchen erklärt sich die Bezeichnung Weber des Büffelwebers. Sie richtet nämlich die Kammer durch mit Gras bewebter Wände als Brutnest ein. Interessanterweise legen Weibchen manchmal Eier auch in fremde Kammern innerhalb des eigenen Gemeinschaftsnestes und überlässt die weitere Brutverantwortung dieser Eier den Gastgeberweibchen. Dieses Verhalten wird als Brutparasitismus bezeichnet.

Pseudopenis, einzigartig in der Vogelwelt

Als im Jahre 1835 ein gewisser Herr Sir Andrew Smith mit einer Expedition, dessen Auftrag es war das Landesinnere zu erkunden, die Lande durchstreifte, begegnete er dem Büffelweber und wurde dieser erstmalig im darauf folgenden Jahr von ihm beschrieben. Laut Smiths Aufzeichnungen will er beobachtet haben wie diese Vögel sich auf den Rücken der Büffel ernährt haben was zur Namensgebung dieses Vogels führte. Weil Sir Andrew Smith als ein zuverlässiger Beobachter galt und er ähnliches Verhalten von beiden Madenhacker Arten zu diesem Zeitpunkt bereits kannte, kann man seine Beobachtung des Büffelwebers auf einem Büffelrücken sicher nicht anzweifeln. Tatsache ist nur, dass seitdem keine weitere zuverlässige Beobachtung dieses von ihm beschriebenen Verhaltens jemals wieder getätigt wurde. Also muss es sich dabei um eine höchst ungewöhnliche Beobachtung gehandelt haben. Fakt ist jedoch, egal wie glaubwürdig diese Beobachtung sein mag, dass Vogelfreunde es Herrn Sir Andrew Smith und seiner Beschreibung dieser Beobachtung, welche die Namensgebung dieses Vogels bewirkte, zu verdanken haben, dass mit diesem Büffelweber heute auch ein Vogel zur Garde der Little Five Afrikas dazugehört.
Damals konnte Sir Andrew Smith nicht annähernd ahnen welche Aufmerksamkeit dieser Vogelart viele Jahre später zuteil werden würde.
Fast ein jeder weiß dass das Liebesleben der Vögel alles andere als aufregend ist. Männchen und Weibchen pressen ihre Hinterteile, in der Fachsprache als Kloaken bezeichnet, aneinander derweil Körperflüssigkeiten ausgetauscht werden. Ein bis zwei Sekunden später ist alles vorbei und Mann und Frau fliegen wieder ihrer eigenen Wege.
Aber nicht so bei unserem namibischen Büffelweber. Dieser gilt nämlich als der einzig bekannte orgasmusfähige Vogel der Welt. Dies haben Biologen der Universität Sheffield mit einer Untersuchung des Paarungsverhaltens der Büffelweber in Namibia nachgewiesen. Anstoß zu dieser Untersuchung erhielt das Forscherteam dank eines Berichts von 1831, in dem ein deutscher Anatom erstmals diesen falschen Penis des Büffelwebers erwähnte.
Während des etwa 30 Minuten lang andauernden Paarungsakts reibt das Männchen seinen Pseudophallus (phalloides Organ) so lange an den Genitalien des Weibchens, bis es schließlich aus seiner Genitalöffnung in die des Weibchens ejakuliert. In der Vogelwelt haben beide Geschlechter Genitalöffnungen. Diese Ejakulation führt zu einem intensiven Orgasmus wobei der Körper des Männchens schüttelt und zuckt. Hierbei gilt zu betonen dass dieses 16 Millimeter lange Organ nicht in die Kloake des Weibchens eindringt und es auch nicht zur Penetration dient, sondern nur der genitalen Stimulation des Weibchens. Aus diesem Grund wird dies vor der Kloake des Männchens im Federkleid versteckte Organ nicht als Penis sondern Pseudopenis bezeichnet.
Aber bei diesen Koloniebrütern geht es sogar noch bunter zu. Die Untersuchung ergab nämlich, dass gute drei Viertel aller untersuchten Gelege von mehreren Vätern, sogar von Erzeugern fremder Kolonien, stammten. Experten bezeichnen solch ein Verhalten „Hohe Spermakonkurrenz“. Also haben beide Geschlechter jeweils mehrere Partner. Interessanterweise sind die Weibchen vieler promiskuitiven Vogelarten fähig, das Sperma nach der Begattung wieder auszuscheiden, sollten sie die Paarung mit einem nächsten Bewerber bevorzugen. Diese Bevorzugung unterschiedlicher Männchen seitens der Weibchen, hängt von der Penisgröße ab. Dies wird durch eine weitere Beobachtung unterstützt. So genannte Burgherren der Büffelweber haben einen deutlich längeren Pseudopenis als herumziehende Artgenossen.
Wie bei vielen anderen Tieren gilt also auch bei den Büffelwebern: Ein langer Penis verspricht Erfolg bei den Weibchen und Familienglück.

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